Award Top10 2017

Der bridge-it! Award, der in diesem Jahr zum 6. Mal verliehen wurde, zeichnet herausragende Süd-Nord-Partnerschaften von Jugendlichen aus. Die Jury hatte bis zum Nikolaustag erneut die schwere Aufgabe, eine Wahl zu treffen. Es war in diesem Jahr ganz besonders schwierig. Unter den Bewerbungen waren deutlich mehr sehr gute Projekte als auf zehn Plätze passen. Auch die Entscheidung um Platz 3 brachte einen intensiven Austausch in der Jurysitzung mit sich – am Ende wurde der Platz dreifach vergeben. Hier könnt ihr die besten 10 Projekte kennenlernen:

1. Preis: Mathare Youth Film Festival und Partner über Grenzen

Mathare Youth Film Festival (Kenia) und Gesamtschule Bremen Mitte mit Partner über Grenzen e.V. Bremen (Deutschland)

Die Partnerschaft zwischen MYFF (Mathare Youth Film Festival) und PüG (Partner über Grenzen e.V.) ermöglicht internationale Jugendbegegnungen, bei denen junge Menschen aus Kenia und Deutschland gemeinsam an politischen Themen, die sie interessieren, arbeiten. Dabei werden Lebensrealitäten, Meinungen und Perspektiven ausgetauscht.

Dieses Projekt ist aus einer Schulpartnerschaft entstanden, in der wir bereits Kontakt zu einer kenianischen Schule hatten und eine Hin- und Rückbegegnung 2013/14. Im weiteren Verlauf haben wir deutschen Schüler*innen mit unserem Lehrer und anderen Interessierten einen Verein gegründet, um das Projekt anderen Menschen zugänglich zu machen. 2016 konnten wir eine Schüler*innengruppe unserer Partnerschule und eine Jugendgruppe von MYFF in Bremen empfangen. Wir arbeiteten zum Thema Flucht und Migration. In diesem Jahr fand eine Begegnung mit anderen Jugendlichen von MYFF in Nairobi/Kenia statt. Drei Wochen drehten und produzierten wir Filme und ein Theaterstück über Menschenrechte. Im nächsten Jahr möchten wir gerne unsere neu gewonnenen Freund*innen in Deutschland begrüßen und mit ihnen drei weitere Wochen zu diesem Thema arbeiten und Spaß haben.

Der Projektansatz

Um ein gleichberechtigtes Teilen von Wissen zu ermöglichen, arbeiten wir während der Begegnung  in Kleingruppen, die sowohl Geschlechter- als auch Ländergemischt sind. Das sieht konkret so aus: Bei unserer Begegnung im Sommer diesen Jahres in Kenia arbeiteten wir zum Thema „Menschenrechte“. Die Gruppen beider Länder haben sich im Vorhinein getroffen, um zu selbst gesetzten Schwerpunkten sich dem Thema zu nähern und eine Basis zu schaffen. Angekommen in Nairobi wurden die „Länderergebnisse“ präsentiert. Diese Vorbereitung war ein wichtiger Bestandteil, auf welchem aufgebaut wurde.

Nach einem Brainstorming in der gesamten Gruppe haben sich Kleingruppen gebildet, die sich gemeinsam entschlossen haben ein bestimmtes Thema weiter zu untersuchen. Über die restliche Zeit sind Diskussionen entstanden, auch über die Gruppen hinweg. Es sind Ergebnisse entstanden, die als Filme und als Theaterstück veranschaulicht wurden. So haben wir das Thematische mit unserem kreativen Potenzial verbunden.

Denn sowohl die Organisation aus Kenia, wie auch die aus Deutschland arbeiten mit digitalen Medien und spezialisieren sich sogar auf das Filme machen.

Die Ergebnisse haben wir in einem „Outdoorcinema“ Verwandten, Freund*innen und Mitteilnehmer*innen in Kenia gezeigt.

Hier gibt es einige dieser Filme zu sehen.

All diese Prozesse passieren auf einer Ebene, bei der wir alle Beteiligten zu Wort kommen lassen und alle Meinungen hören bevor wir abstimmen, was der nächste Schritt ist. Wir legen sehr viel Wert darauf, dass die Gruppen sowohl Geschlechtergemischt sind, als auch Teilnehmer*innen aus beiden Ländern haben. So wird dafür gesorgt, dass alle Perspektiven gesehen werden und keine Menschengruppe für eine andere spricht.

Neben dem allgemeinen Ziel Wissen auszutauschen, gibt es zahlreiche individuelle Erlebnisse und Erfahrungen die gemacht werden, wie zum Beispiel das Verstehen von Standpunkten und, dass du nicht mit allem einverstanden sein musst, es aber immer darum geht andere Menschen und ihre Meinungen zu respektieren.

Als direkte Verbesserung, ist aus einer Diskussion, der Gedanke entstanden, dass bei einem gemeinsamen Projekt viel mehr das gemeinsame Miteinander steht, als dass jede*r für sich arbeitet. Damit soll das Produkt als ein verbindendes Glied gesehen werden, das uns zusammenbringt und das wir gemeinsam schaffen und verändern können. So kann sich jede*r einbringen und das voneinander Lernen wird zur Grundlage.

Wir wachsen in einem System auf, in dem Vorurteile reproduziert werden. Um die bestehenden Strukturen und Hierarchien zu durchbrechen, werden bei den Begegnungen Afrika- und Europabilder hinterfragt. So entstehen eigene Bilder von realen Lebenswelten der jeweiligen Partner*innen. Es wird gelernt, gemeinsam eine neue Welt und Art des Lebens zu entwerfen, für diese einzustehen und sich mit Menschen zu solidarisieren.

Vorurteile werden abgebaut, indem Menschen einander kennenlernen und miteinander sprechen, anstatt übereinander zu reden. Wir Jugendlichen lernen uns mit Gruppen von Menschen zu solidarisieren, deren Stimmen zu wenig gehört werden, und wir lernen für uns selber zu sprechen.

Als Individuen lernen wir ganz individuell, daher wollen wir im folgenden einzelne Personen zu Wort kommen lassen.

Lilith:

Ich habe gelernt, besser zu kommunizieren auch wenn man manche Wörter nicht kennt. Außerdem ist mir klar geworden, wie wichtig Wasser eigentlich ist, und dass wir es als selbstverständlich ansehen, unendlich davon zur Verfügung zu haben. Unter anderem hat mir das Projekt geholfen, mit Vorurteilen umzugehen, mich davon zu lösen und selbst Erfahrungen zu machen. Es hat mir geholfen besser mit anderen Meinungen umzugehen, sich darüber auszutauschen und die Dinge aus anderen Blickwinkeln zu betrachten.

Wambo:

It helps one to understand and know how to interact with different individual and also learn that you don’t have to agree with whatever the other is doing you just have to respect it. It also helps in reducing stereotypes of the countries involved.

Hale:

Wir müssen anfangen diese Welt als eine Welt zu sehen und unsere Verantwortung in ihr. Als junge Menschen liegt es an uns, eine Zukunft zu gestalten, die lebenswert für Alle ist. Das heißt zusammenkommen und Unterschiede wahrnehmen und versuchen Hierarchien abzubauen. Menschen begegnen um zu gestalten.

Die Beteiligten

Die Jugendlichen sind nicht nur Teilnehmer*innen und Fokus des Projekts, sondern organisieren fast alles allein, mit Hilfe und Unterstützung von unseren Teamer*innen.

Die Anträge zur Finanzierung werden verfasst von Jugendlichen, die schon Übung haben, zusammen mit Jugendlichen, die eine solche Aufgabe zum ersten Mal übernehmen, so ist auch hier ein Lernprozess vorhanden und die Nachhaltigkeit des Projekts wird geübt. Auch Anfragen, wie z.B. für Museumsbesuche, Interviewgespräche, Gastronomie, Gäste und Gastreferenten oder Straßenbahntickets, werden selbst formuliert und abgeschickt, der Kontakt wird hergestellt und das organisieren geübt.

Die Programmgestaltung liegt in den Händen der jugendlichen Gruppe.

In einer abschließenden Arbeitsrunde haben wir in Kenia über das Thema der nächsten Begegnung nachgedacht und über einen Begegnungszeitraum diskutiert, in dem alle Teilnehmenden Zeit haben.

Um unsere Ergebnisse an die Öffentlichkeit zu tragen, veranstalten wir am Ende einer jeden Begegnung eine Präsentation. Bei der Präsentation teilen wir Erlebnisberichte, führen Produkte vor und veranschaulich unser Gelerntes und das was uns wichtig.

Auch in Bremen haben wir all dies der Öffentlichkeit präsentiert. Wir haben neue Interessierte gewonnen und unseren Freunden, Verwandten und Mitmenschen das Erlebte zeigen können.

In unserem Verein „Partner über Grenzen“ sind wir Jugendlichen an allen Entscheidungen beteiligt und haben das gleiche Stimmrecht, wie andere Vereinsmitglieder. Der Verein organisiert die Jugendbegegnungen und wurde von Schüler*innen, Lehrer*innen und Eltern gegründet.

Während der Begegnung finden täglich Reflexionsrunden  statt um direkt über Probleme sprechen zu können und das Erlebte gemeinsam zu reflektieren. Gleichzeitig wird in die Zukunft geschaut, sei es der nächste Tag oder die nächste Woche. Dabei wird auf Anregungen eingegangen und Fragen können beantwortet werden.

Erleben, Verstehen, Bewerten und Handeln bezogen auf eine nachhaltige Entwicklung in Deutschland und im jeweiligen Partnerland

Zunächst einmal versuchen wir, unser Erlebtes an viele Menschen möglichst reflektiert weiterzugeben. Dabei gibt es z.B. an unserer ehemalige Schule und unserer Partnerschulen eine out of the box Werkstatt, bei der wir als Multiplikator*innen versuchen politisches Denken an jüngere Jugendliche heran zu tragen. (Ein Jugendlicher von uns ist zur Zeit in Kenia, eine Alumni des Austauschs 2013/14 kommt wird ab März ein Jahr ein Bundesfreiwilligendienst bei Partner über Grenzen e.V. machen.)

Auch in unserem direkten Umfeld, können wir z.B. am Esstisch in unserer Familie oder Abends mit den Freunden Vorurteile aufdecken und Gespräche führen, bei denen wir hinterfragen und uns bekannte Zusammenhänge erklären.

Denn bei unserer Begegnungsreise im Sommer, waren Themen wie kapitalistische Verhältnisse und wie sie unsere Lebenswelten beeinflussen sehr präsent. Wir haben vor Ort auch Verhältnisse sehen dürfen, die uns schockiert haben. Mit unseren kenianischen Freund*innen haben wir das Erlebte besprochen und sind so sehr schnell auf ein globales Problem gestoßen, in dem wir alle eine Rolle spielen, aber vor allem Länder und Menschen aus dem globalen Norden. Auch, dass die Verhältnisse immer noch aus postkolonialen Hierarchien hervorgehen war Gesprächsthema und hat und Zusammenhänge aufgedeckt.

Auch rückblickend wird uns immer wieder klar, welche Eigenschaften von Ländern im globalen Norden die Verhältnisse aufrechterhalten, die zu Ungerechtigkeit in dieser Welt führen, darunter auch in Kenia.

So fangen wir Jugendlichen an diese Welt als eine Welt zu begreifen, alle Zusammenhänge die damit einhergehen und unsere Verantwortung bei alledem.

Ein weiterer – vielleicht kleinerer – Lerneffekt für viele von uns deutschen Jugendlichen ist, den Bezug zu Dingen wieder zu erlangen.

Das Projekt hat allen Beteiligten ein offeneres Handeln mit fremden Personen beigebracht. Im Alltag die Dinge aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und so verschiedene Blickwinkel zu verstehen. So ist es einfacher fremde Meinungen zu verstehen und ihnen gegenüber offen zu sein, oder mit ihn umzugehen.

Im letzten Austausch waren in den Kleingruppen viele verschiedene Themen der SDGs vertreten (No poverty, good health and well-being, quality education, gender equality, clean water).

Ob wir es beabsichtigen oder nicht, sind diese Themen immer mit im Gespräch.

Beim der nächsten Begegnung beziehen wir uns aber direkt auf eines der SDGs. Die gesamte Gruppe wird, natürlich in kleinen Untergruppen, zu „reduced inequalites“ arbeiten.

Unsere Visionen sind groß. Natürlich ist uns klar, dass wir nicht mit der nächsten Begegnung die Welt zu einem gerechten Ort machen können, aber wir versuchen zu verstehen, warum sie ungerecht ist, und wo wir ganz konkret ansetzen können.

Die nächsten Schritte, die wir uns vorgenommen haben, sind eine Rückbegegnung in Bremen im Sommer 2018, und eine Partnerschaft darüber hinaus, das heißt ein Fortbestand von Jugendbegegnungen um immer mehr Leuten die Möglichkeit zu bieten diese Erfahrungen zu machen und zu lernen was es heißt, in einer Welt wie dieser zu leben.

Geplant ist auch ein Videoprojekt zwischen MYFF und PüG ohne eine Jugendbegegnung.

All das soll eine nachhaltige Partnerschaftlichkeit unterstützen.

Bei vielen dieser Dinge sprechen wir auch für unsere kenianischen Freund*innen. Die Kommunikation ist nicht immer einfach auf so eine weite Entfernung, daher haben wir nur zwei direkte Nachrichten aus Kenia.

Mohammed: The project offers the opportunity to let us understand the different culture of the different nations and try to copy what we find favorable and dismiss what’s not and in the process respect everyone and accept them the way they are without trying to change them or the way they see our culture and perspective.

Max: Personally am so grateful to have been in the exchange program in the 2017..

– I would talk about human rights but that would be too obvious…

What changed in me is how I started looking at sexuality, I wasn’t so supportive of gaysm and lesbianism but after the exchange I started seeing them as human and not their label and I got to appreciate them and love them…until it reached a point where I want to do a film about gaysm the positive side of it…

2. Preis: Brasilien-AG des DBG Projekt

Straßenkinderprojekt „Gonzalinho“ in Cáceres/ (Brasilien) & Dietrich Bonhoeffer Gymnasium Metzingen (Deutschland)

Wir, die Brasilien AG unserer Schule, engagieren uns seit 2002 für unsere Partnerschaft mit dem Straßenkinderprojekt „Gonzalinho“ in Cáceres/ Brasilien, und zwar indem von unserer und von der brasilianischen Seite aus insgesamt 800 Euro jeden Monat aufgebracht werden, durch eine kontinuierliche WhatsApp-Kommunikationspartnerschaft zwischen den Jugendlichen und Kindern beider Länder und mit binationalen Arbeitseinsätzen, in denen wir zusammen mit unseren Partner Folgendes erreicht haben: den Hausbau des Kinderhauses (2008), den Bau des Gemeinschaftsgartens (2010), des Brunnens und von Spielgeräten (2012) und der Maßnahmen zur Bekämpfung von Überschwemmungen (2014). Im Projekt werden 50 Kinder aus armen Familien eines Peripheriestadtteils – deren Schule nur 4 Stunden Unterricht pro Tag bietet – tagsüber von einem fünfköpfigen Team junger Leute betreut: 4 Brasilianer/innen und 3 deutsche Freiwillige aus unserer Gruppe (die jeweils ein Jahr dort arbeiten). Das Projekt lebt von unseren gemeinsamen Fundraising-Erfolgen und ist durch unsere Partnerschaft weitergegangen, nachdem es aus einer Eltern- und Jugend-Initiative in Brasilien entstanden ist. Außerdem wird die Partnerschaft lebendig gehalten durch unseren Jugendaustausch mit Work-Camp. Darauf bereiten wir uns immer drei Jahre lang vor: wir lernen Brasilianisch und informieren uns über die Geschichte, Politik, Religion und Landeskunde von Brasilien (die Brasilianer/innen entsprechend umgekehrt) und setzen uns kritisch damit auseinander, wie eine Nord-Süd-Partnerschaft auf Augenhöhe funktionieren kann. Die 14- bis 20- jährigen brasilianischen Team-Mitglieder aus dem Projekt nehmen am Jugendaustausch nach Deutschland teil und umgekehrt verbringen wir unsere Sommerferien dort. So erlebt jede neue Generation unserer Brasilien-AG, wie das Projekt weiterentwickelt wird und das Geld sinnvoll eingesetzt wird. Gleichzeitig ist uns entwicklungspolitische Bildungsarbeit für alle Beteiligen ein Anliegen, deshalb haben wir während unserer diesjährigen Begegnungswochen einen Dokumentarfilm gedreht, der den Zusammenhang aufzeigt zwischen unserem Fleischkonsum und den zerstörerischen Folgen des Sojaanbaus in Brasilien. Mit diesem 85-minütigen Film wollen wir uns in diesem Jahr um den Bridge-it Preis bewerben. Über den Link „www.brasilienprojekt.org“ sehen Sie einen kleinen Ausschnitt davon. Wenn Sie den ganzen Film in die Bewertung einfließen lassen möchten, schicken wir ihn gerne per Post als DVD.

Der Projektansatz

Zunächst beschreiben wir, was seit unserer letzten Bewerbung im vorherigen Jahr unverändert gilt, danach gehen wir speziell auf das ein, was neu ist: Durch Vorträge, zwei selbst gedrehte Dokumentarfilme, Foto-Ausstellungen, Sperrmüllflohmärkte, Catering-Aktionen und Feste thematisieren wir immer wieder in der Öffentlichkeit, wa wir über unser Partnerland und über unsere Süd-Nord-partnerschaft gelernt und erfahren haben. Und natürlich sammeln sowohl die deutschen Jugendlichen der AG Geld für das Projekt in Brasilien als auch die brasilianischen Team-Mitglieder. Von den Spenden und Erlösen konnten wir bisher Folgendes realisieren: ein Kinderhaus bauen plus das Grundstück, auf dem es steht, kaufen; 3 sozialversicherungspflichtige Gehälter für die regelmäßige Tagesbetreuung und einen Gemeinschaftsgarten mit Brunnen, so dass die Kinder mit ihren Betreuer/innen zusammen Nahrungsmittel anpflanzen, ernten und in der Küche des Kinderhauses verarbeiten können. Das Besondere: nicht nur in Deutschland sind wir für das Projekt aktiv. Direkt vor Ort engagieren sich brasilianische Jugendliche, oft ehemalige „Gonzalinho-Kinder“, als freiwillige Helfer im Projekt. Alle anderthalb Jahre organisieren wir einen Austausch mit unseren brasilianischen Partnern: Im Winter erhalten wir Gastbesuch aus Brasilien, in den Sommerferien arbeiten wir selbst im Projekt in Cáceres mit. „Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker“, hat Che Guevara vor 50 Jahren geschrieben. In diesem Jahr haben wir nicht nur 2, sondern sogar 3 Metzinger Freiwillige,  die zusammen mit den brasilianischen Betreuern des Projekts die Arbeit mit den Projektkindern gestalten und uns „daheim“ regelmäßig berichten und Fotos und Filmchen schicken. Gestern fand wieder das jährliche Fundraisingfest im Projekt statt, die Deutschen haben Kartoffelsalat und Kartoffelküchlein verkauft, die Brasilianer ihre Spezialitäten. Die Deutschen haben für die Tombola über ihren zuhause organisierten Soli-Kreis den 2. Hauptpreis, ein Fahrrad, gestiftet, die Brasilianer eine Kuh. Gemeinsam haben sie vor der Universität UNEMAT im Vorfeld des Festes die Lose verkauft. Was die Projekt-T-Shirts (von den brasilianischen Kindern entworfen und in Brasilien produziert), die an Mannschaftstrikots erinnern, ausdrücken: Wir sind ein Team, auch wenn ein Ozean zwischen uns liegt. Es gab schon viele Versuche in der Geschichte, Gerechtigkeit mit Mitteln herzustellen, die dann wieder zu neuer Ungleichheit geführt haben, weil die Menschen hierarchisch miteinander umgegangen sind. Wenn man Partnerschaft nur als Synonym für „Helfen“ versteht, ohne ungerechte Strukturen dabei zu thematisieren, dann bleibt die Hilfe entweder langfristig wirkungslos oder führt zur Abhängigkeit und Unmündigkeit derjenigen, denen man hilft. Deshalb reflektieren wir in unserer Gruppe den Begriff „Helfen“ immer ziemlich kritisch und betonen, dass wir eine Partnerschaft auf Augenhöhe haben wollen, die keine Einbahnstraße ist, sondern in der die brasilianischen und deutschen Partner gleichberechtigt entscheiden und wir anerkennen, dass im Zweifelsfall die Brasilianer das bessere Verständnis der Strukturen in ihrem Land haben und deshalb auch die größere Entscheidungskompetenz. Deshalb heißt Partnerschaft für uns, die Nöte der Partner im gesellschaftlichen und globalen Kontext zu sehen: „Hungrige speisen und Durstigen zu trinken geben“ darf nicht dabei stehen bleiben, ihnen das, was ihnen fehlt, zu geben, sondern ein sinnvoll nachhaltiges Projekt muss die Hungrigen und Durstigen dazu befähigen, sich einen Brunnen zu bauen und einen Garten anzulegen. Deshalb haben wir die beiden Dinge zusammen gemacht. Die alljährlichen vierwöchigen Partnerbegegnungen sind mit ihren interkulturellen Herausforderungen der praktische Teil dessen, ein gleichberechtigtes Nehmen und Geben zu leben. Unsere Wochenend-Seminare sind dazu der theoretische Teil. Wir reflektieren jedes Jahr ein Wochenende lang die Struktur unserer Partnerschaft und machen uns Gedanken über postkoloniale Handlungsweisen und Verhältnisse, über weltwirtschaftliche Zusammenhänge, über Rassismus und über den ambivalenten Begriff „Helfen“.

Nun kommt das entscheidend Neue: Nachdem wir uns in den letzten 3 Jahren intensiv damit beschäftigt haben (vgl. Bewerbung letztes Jahr), welche Auswirkungen unser eigener Fleischkonsum auf die verheerende Monokultur- Sojaproduktion in Mato Grosso hat, haben wir über diese Frage in den 5 Wochen, die wir im Sommer bei unseren Partnern in Brasilien verbracht haben, einen 85-minütigen Dokumentarfilm gedreht. Er hat den Titel: „Lasst uns die Welt mal mit euren Augen sehn“. Er zeigt im ersten Teil, wie die Jugendlichen beider Länder miteinander die vierseitige Wippe und einen Geräteschuppen bauen und die Mauer mit Wandgemälden verzieren. Auch befragen sie in Interviews sich gegenseitig über ihre Lebensverhältnisse, darüber, welche Faktoren ein gutes Leben für sie einschränken und wie an diesem Punkt über die weltwirtschaftlichen Bedingungen die Menschen und ihr Handeln hier und dort miteinander verknüpft sind. In den weiteren Teilen des Films stellt jeder der Jugendlichen unseren Partnern jeweils eine Frage, und alle Fragen zusammen ergeben dann das „Mosaik“ der Storyline. DIe Fragen werden zunächst Umweltaktivisten gestellt, dann den Leuten von der Landlosenbewegung MST, auf deren Agrarreformsiedlung wir 5 Tage mit ihnen zusammen gelebt haben, dann den Jugendlichen des Indigenen-Stammes der Chiquitanos über ihren Kampf um den Erhalt ihrer Existenzgrundlagen und schließlich den Jugendlichen der Favela-Bewegung MDF in Sao Paulo, die erzählen, wie alles, was es an Infrastruktur in der Favela gibt, aus der Organisierung der Bewohner – vor allem innerhalb der katholischen Basisgemeinden – entstanden ist. Dann haben die Jugendlichen noch gemeinsam einen Wandteppich hergestellt, indem jede/r ein Stück Stoff mit entwas bemalt hat, was in den 5 Wochen der Jugendbegegnung wichtig war, dann wurden die Stücke zusammengenäht. Aus den Film-Dreharbeiten möchte ich die Jugendlichen zitieren: Julia (Deutschland): Nach dieser Reise sind wir nicht mehr die gleichen Menschen wie vorher. Ich werde nie mehr mit der gleichen Naivität Dinge machen, kaufen oder essen wie vorher, weil ich gesehen habe, was dahinter steckt und was welche Folgen hat“. Fanny (Deutschland): Die meisten unserer Begegnungen in Brasilien haben gezeigt, dass die Leute, sowohl auf dem Land als auch in der Stadt, nichts geschenkt kriegen, sondern immer nur dann gut leben können, wenn sie sich organisieren und etwas erkämpfen“. Sanzio (Brasilien): Ich denke, wenn ihr gerne Fleisch esst, wie wir auch, dann solltet ihr überlegen, welche Folgen die Futtermittelproduktion bei uns hat und ob ihr dann wirklich das billige Fleisch aus dem Diskounter kaufen wollt oder doch lieber weniger Fleisch essen und dafür welches von kleinen Bauernhöfen kaufen“. Getúlio (Brasilien): Ich fand es bewundernswert, welche Empathifähigkeit und interkulturelle Kompetenz die deutschen Jugendlichen gezeigt haben. Es war deutlich, wie gut sie sich 3 Jahre lang auf diese Reise vorbereitet haben. Sie waren gar nicht besserwisserisch und überheblich, sie haben uns zugehört, wollten wirklich wissen, was uns bewegt. Das war toll.“

3. Preis: Drama in der Wüste – Uncut Reunion Tour

Eersterivier Secondary School Kapstadt (Südafrika) & Carl-Orff-Gymnasium Unterschleißheim (Deutschland)

Glühend heiß brennt die südafrikanische Sonne auf den Wüstensand. Staub wirbelt auf, als der Tata, ein alter rustikaler Schulbus, besetzt mit elf jungen Schauspielerinnen aus  Deutschland und Südafrika, die einsame Straße entlang tuckert. In der Tasche ein geniales Stück, wissen wir nicht, was uns erwartet, wo wir aufführen werden und mit welchem Publikum. Wir freuen uns.

Unser Abenteuer begann 2015. Acht südafrikanische Schülerinnen und drei Lehrer kamen nach Unterschleißheim und nach zwei Wochen intensiver Proben stand ein Stück auf der Bühne: Uncut – Geschichten über Schicksale von Frauen. Mit der gigantischen Aufführung im Bürgerhaus ging eine unglaubliche, bewegende und erfahrungsreiche Zeit zu Ende und der Abschied fiel unerträglich schwer. Wir versprachen uns, das würde nicht das letzte Mal bleiben, dass wir uns sehen. Doch das schien wie ein unerreichbarer Traum.

2017 passiert es doch. Jill Markram, unsere südafrikanische Theaterlehrerin, machte das Unmögliche möglich. Ein Comeback unseres Stückes in Südafrika, auf einem Roadtrip entlang der Westküste. Dank vieler Arbeit, Organisation, einschrittvorwärtsunddreischrittezurück-Momenten und unzähliger E-Mails, waren wir endlich wiedervereint und standen im Probenraum der Eersterivier Secondary School. In nur fünf Tagen bei hohen Temperaturen studierten wir unsere geliebten Szenen ein, verflochten mit neuen Texten über zwei deutsche Frauen in Namibia Ende des 19. Jahrhunderts.

Nach zwei Aufführungen in der Schule in Eersterivier ging es in einem alten Tata los in die Wüste. Zu unserem ersten Zwischenstopp in Kamieskroon, einem kleinen, abgelegenen Dorf mit zwei Waisenhäusern wo unsere erste Aufführung in einer Lagerhalle stattfand. Dann fuhren wir weiter durch die trockene, aber wunderschöne Landschaft bis nach Okiep an die dortige Highschool. Wir spielten draußen unter dem Sternenhimmel. Es war magisch.

Wir möchten uns mit der diesjährigen Reunion Tour für den bridge-it!-Award bewerben. Es ist sozusagen ein „Ausschnitt“ aus einer langjährigen Partnerschaft des Carl-Orff-Gymnasiums in Unterschleißheim und der Eersterivier Secondary School (Südafrika), die schon seit 2010 besteht.  Genaueres kann man hier nachlesen.

Der Projektansatz

Eine Beziehung des Gebens und Nehmens

Bereits 2015, als die acht südafrikanischen Mädchen zu uns nach Unterschleißheim kamen, war unsere Beziehung zueinander geprägt von einem beiderseitigen Geben und Nehmen. Die Mädchen brachten uns ein in mühevoller Arbeit komponiertes Theaterstück („Girls in their Sunday best“), in das wir unsere eigenen Ideen mit einfließen ließen, sodass ein ganz neues, ein gemeinsames Stück („Uncut“) entstehen konnte. Sie kamen nicht einfach nur nach Deutschland, sondern in unsere Familien und mit sich brachten sie ihren Charakter, ihre Kultur und ihren Lebensmut, den sie mit uns teilten. Im Theater fanden wird auf eine ganz neue – körperliche und emotionale Sprache jenseits von Deutsch, Englisch oder Afrikaans – Art zueinander und wurden eine Gruppe statt zwei. In gemeinsamen Diskussionen sowie auch in privaten Gesprächen zu zweit tauschten wir uns über kulturelle und gesellschaftliche Unterschiede aus und wurden uns dabei jedoch immer mehr unserer vielen Gemeinsamkeiten bewusst. Diskussionen über Respekt im Umgang untereinander, aber auch gegenüber unseren Lehrern oder über Parallelen in der südafrikanischen und deutschen Vergangenheit schufen ein gemeinsames Fundament, auf dem wir uns bei der diesjährigen Reunion Tour wiederbegegnen konnten. Diese damals gelegte Basis und besonders die Erinnerung an unser gemeinsames Theaterstück führten uns erneut zusammen. Das Stück unserer Reunion Tour war nicht bloß eine Renaissance von „Uncut“, sondern verflocht in neuen Szenen das Schicksal von deutschen und afrikanischen Frauen miteinander. Auch die Rollen von Gast und Gastgeber waren diesmal vertauscht. Endlich konnten unsere Austauschpartnerinnen uns ihre Heimat, ihre Familien und ihr Leben nicht nur mit Worten beschreiben, sondern tatsächlich zeigen. Chelsea Matheus nahm uns beispielsweise für einen Nachmittag mit zu sich nach Hause und stellte uns ihrer Familie vor und Nekita führte uns über den Campus der Stellenbosch University und nahm uns mit in einige ihrer Lehrveranstaltungen. Wir wohnten bei unserer südafrikanischen Theaterlehrerin Jill Markram und ihrem Ehemann, mit denen wir viele lange Gespräche bis spät in den Abend hinein führten und so auch zu ihnen eine tiefe Zuneigung und Freundschaft entwickelten.

Magdalena Kellermann

Die Beteiligten

Bei der komplizierten und nervenaufreibenden Organisation der Hin- und Rückbesuche unserer Partnerschaft vertrauten wir von Beginn an auf gute Zusammenarbeit, Aufgabenverteilung und Unterstützung aus unserem Umfeld und der Schulgemeinschaft.

Als uns 2015 unsere südafrikanischen Partner besuchten, organisierten die 15 mitwirkenden deutschen Schülerinnen und Schüler Tagesausflüge. An der Umsetzung des Programms waren damals auch Klassen der Unterstufe beteiligt sowie die deutschen Gastfamilien, bei denen unsere Partner wohnten. In der langen Zeit der Vorbereitung hatten wir bereits Kontakt zu unseren Partnern per WhatsApp und konnten sie so in die Planung miteinbeziehen.

Seitdem blieben wir per E-Mail und WhatsApp in ständigem Kontakt zu unseren Austauschpartnerinnen sowie zu unserer südafrikanischen Theaterlehrerin Jill Markram und träumten gemeinsam von einem erneuten Wiedersehen. Mit der Zeit wurden unsere Träume konkret und in zahlreichen E-Mails planten wir unsere Reunion Tour 2017.

Jill Markram erarbeitete mit uns zusammen eine neue, um einige Szenen erweiterte Version unseres Stücks „Uncut“. Außerhalb der Theaterproben organisierten unsere Austauschpartner Ausflüge, wie beispielsweise auch der Besuch zweier Theateraufführungen in Kapstadt.

Auch Eltern unserer Partner begeisterten sich sehr für unsere Reunion Tour und so war der Vater einer unserer Partnerinnen, Mr Matheus, viel an der Planung  der Route unserer Tour sowie der Organisation der Aufführungs- und Übernachtungsmöglichkeiten beteiligt. Zudem unterstützte die Schulgemeinschaft der Eersterivier Secondary Highschool unsere Tour. Der Direktor Mr Vaax begleitete uns auf der Tour und war auch bei der Organisation der Aufführungsorte beteiligt. Für unsere ersten zwei Aufführungen in Eersterivier hatte außerdem der Schulchor ein kleines Konzert vorbereitet und unterstütze kleine gesungene Passagen in unserem Stück.

Judith Wedemeyer

Erleben, Verstehen, Bewerten und Handeln bezogen auf eine nachhaltige Entwicklung in Deutschland und im jeweiligen Partnerland

Was das Projekt mit uns gemacht hat

Unser Stück besteht aus wahren Geschichten, zusammengetragen durch Interviews mit Verwandten, Tagebüchern und auch Biographien. Es sind Frauenschicksale aus Deutschland und Südafrika. Jede Schauspielerin verkörperte einen Part, der es ihr ermöglichte in das Schicksal hineinzuschlüpfen und zu verstehen. Wir waren jedoch alle immer durchgängig auf der Bühne und wechselten zwischen Opfer- und Täterrolle, Zuschauer und Fremdem. Da unsere Tour entlang der Westküste hoch bis an die Grenze von Namibia ging, webten wir Geschichten deutscher Frauen mit ein, die Ende des 19.Jahrhunderts nach Deutsch-Südwest-Afrika (heute Namibia) kamen. Für mich  war es eine Auseinandersetzung mit unserer Kolonialgeschichte, die in diesem Sinne vorher nicht stattgefunden hatte. Wir sahen beide Seiten, erkannten die Tragweite des Völkermords durch Lothar von Trotha, aber erlebten auch selber die Sicht der verschleppten jungen Frauen. Auch für unsere Austauschpartnerinnen war es eine Auseinandersetzung mit der Kultur und der Geschichte eines anderen Teil ihres Landes. Gemeinsam besuchten wir in Kamieskroon eine Gruppe Nama-Frauen, die für uns traditionell kochten. Unsere Aufführung an der Okiep Highschool war eingebettet in einen kompletten kulturellen Abend. Das Gedicht, dass die dortige Theaterlehrerin vortrug, passte mit den Themen Identität, Vorfahren und Kultur ebenso wunderbar ungeplant zu unserem Stück wie der traditionelle Feuertanz der Nama-Kultur, den uns die Theatergruppe der Schule zum Abschluss des Abends zeigte.

Um sie auch dem deutschen Publikum zugänglich zu machen, filmten wir alle Aufführungen. Der Zusammenschnitt ist nun auf unserer Homepage hochgeladen. Wir hoffen mit bridge-it! eine noch eine größere Reichweite zu erreichen, denn wir sind überzeugt, dass unser Projekt und unser Stück verbreitenswert sind.
Der Südafrika-Austausch läuft an unserer Schule noch weiter. 2018 findet ein Rückbesuch statt nach Deutschland, bei dem wir Ehemaligen aktiv als Unterstützer dabei sein werden. Ich persönlich hoffe, dass die Reunion als Vorbild für jede neue Runde fungiert und zeigt, dass es sich bei dem Projekt nicht nur um eine Partnerschaft der Schulen sondern aller Beteiligten miteinander handelt und dass sie auch nach dem Austausch und dem Schulabschluss weiterbesteht, solange wir im Kontakt bleiben. Chelsea Matheus sagt dazu: ” I think that teenagers all over the world are the same and that we have a universal language and because we are like-minded therefore my actions connect with my counterparts. We keep on communicating via WhatsApp and e-mailing; we communicate by having conversations about our countries and how we do our particular activities from this communication, we develop lifelong friendships and bonds. We talk about our different changes in our local and universal environments, we speak about things that impact our lives and different things that we are challenged with on a daily basis.”
Ich hab durch die Zeit in Südafrika gelernt, in welcher privilegierten Rolle ich als Deutsche stehe und, dass ich als Einzelperson und wir als Gesellschaft hier im globalen Norden unbedingt daran arbeiten müssen, die Unterschiede in Lebensstandard und Chancenungleichheit abzuschaffen. Ich habe auch erkannt, dass der Klimawandel in Südafrika sehr viel präsenter ist als bei uns. Deswegen arbeite ich nun daran einen nachhaltigen Lebensstil zu entwickeln. Mein Ziel nach meinem Studium ist einen Beruf zu finden, in dem ich an der Veränderungen der Welt zu einem lebenswerten Ort für alle mitwirken kann.
Ich habe auch unsere Partnerinnen gefragt, was sich für sie geändert hat. Sikelelwa Vuyeleni schrieb: “I have learnt a lot about how different our backgrounds are but also how we share common ground in some history. Our differences never stopped us, we never allowed any barriers as this project taught us selflessness and to fully engage in each other’s cultures/lives therefore leading to us learning a lot more about each other.”  Chelsea sagte: „ I think globally now and the project has empowered me to start thinking bigger and to strive for better things. It has opened my eyes to new and different perspectives.  I have learned to be more accommodating with how others think and operate in their daily lives, it has made me aware that you must be be aware of what your partners could find offensive.”
Bei einer der langen Busfahrten fingen wir an, ein wenig mit dem Text herumzuspaßen. Wir fragten uns „was wäre, wenn wir das Stück immer wieder aufführen würden?“ und änderten einige Textstellen, sodass sie auch für uns als „Seniorinnen“ passen würde. Das war ein großer Spaß, aber  unterbewusst entstand wieder ein Traum. Mein größter Wunsch für unsere Partnerschaft wäre, dass es weiter geht. Dass sich das Stück weiterentwickelt, parallel zu unserer Weiterentwicklung, wir immer neue Texte und Schicksale einweben und wir dann als nächstes damit durch Deutschland touren. Das wird nicht einfach, denn mittlerweile studieren wir alle, entwickeln jeder unser eigenes Leben und finanziell wird es auch nicht einfach zu stemmen sein. Aber nun wurde schon einmal das Unmögliche möglich, vielleicht schaffen wir es ein zweites Mal. Der Kontakt zwischen uns wurde durch das Wiedersehen nun intensiver. Ich schreibe regelmäßig mit den Lehrern und meinen Freundinnen und hoffe, dass ich sie bald entweder bei mir wieder aufnehmen kann oder es möglich ist, sie zu besuchen.

3. Preis: SOMOS-Wir sind! 2017: proteje tu mangle

Centro de Menores, Corinto (Nicaragua) & Willy-Brandt-Gesamtschule Köln (Deutschland)

Im Jahre 2005 reisten 15 Schülerinnen und Schüler des Schulcircus Radelito der Willy-Brandt-Gesamtschule erstmals in die Kölner Partnerstadt Corinto /Nicaragua. Im Gepäck hatten sie, zuvor gespendete Zirkusrequisiten und jede Menge Elan. Mit benachteiligten Jugendlichen aus dem dortigen Jugendzentrum „Centro de Menores“ gestalteten sie in wenigen Tagen eine gemeinsame Zirkusshow und gründeten den Jugendcircus Colorinto. Seitdem besteht ein regelmäßiger jährlicher Austausch, einmal in Corinto und dann wieder in Köln. Unsere Partner sind der Städtepartnerschaftsverein Köln-Corinto/El Realejo und das Centro de Menores (anerkannte NGO) in Corinto. Die Projektbezeichnung Somos-Wir sind! ist geprägt durch den Gedanken gemeinsam etwas auf Augenhöhe zu tun und damit das Leben in Einer Welt zusammen zu gestalten. Der Circus Radelito und der Circus Colorinto mit dem Centro de Menores sind über diese jahrelange gemeinsame Identifikation zu einer starken Kooperationsgemeinschaft gewachsen, die weit mehr hervorbringt als circensische Highlights. Bisheriger Höhepunkt war 2013 die Einweihung des neu gestalteten Zirkuszentrums in Corinto.

Der Projektansatz

Circus verbindet Menschen mit unterschiedlicher Sprache, Hautfarbe und Fähigkeiten auf einzigartige Weise. Das spüren alle, die am jährlichen Austausch teilnehmen, der jeweils im Wechsel, Corinto und Köln, unter dem Projekttitel „SOMOS-Wir sind!“ stattfindet. Mit Spendengeldern aus Vorstellungen des Schulcircus Radelito und Projektgeldern konnte ein Kulturzentrum in Corinto erbaut werden (Eröffnung 2013), das gleichzeitig als ein Schutzzentrum für Evakuierungsfälle (Erdbeben, Tsunami ..) genutzt werden kann. Es erfüllt also eine Doppelfunktion. Als logische Folge daraus ist die Auseinandersetzung mit dem Klimawandel gewachsen, von dem unsere Partner massiv betroffen sind. Die einzigartigen Mangrovenwälder vor Ort sind von großer Bedeutung für das Ökosystem und den Küstenschutz in Corinto. Diese Mangrovenwälder sind in ihrem Bestand gefährdet. In Zusammenarbeit mit der UNI Köln, dem Städtepartnerschaftsverein Köln-Corinto/El Realejo und dem Centro de Menores wurde damit begonnen, den Schutz der Mangroven bei den Beteiligten und natürlich im Bewusstsein der Bevölkerung zu verankern. Der ursprüngliche rein artistische Austausch zwischen den Jugendlichen hat sich so thematisch/inhaltlich ausgeweitet. In Zusammenarbeit mit der Stadt Köln wird ein Küstenschutzprojekt, das sog. „Geotuben-Projekt“ durchgeführt, mit dem Ziel die fortschreitende Erosion der Küste aufzuhalten. Darüber hinaus entstand ein Müll-Projekt, ebenfalls in Kooperation mit der Stadt Köln, bei dem es um Mülltrennung und eine bessere „Endlagerung“ geht. Diese drei Bereiche: Küstenschutz (Geotuben), Mangrovenschutz und Müllbeseitigung bilden den Hintergrund des diesjährigen Austauschprogrammes, dass mit einer Darstellung der drei Bereiche in einem zirzensischen Theaterstück seinen Höhepunkt fand. „WASSER“ als Oberbegriff verbindet alle diese Bereiche. Das SOMOS-Programm bietet also immer wieder die Möglichkeit, über das konkrete gemeinsame Handeln hinaus Erkenntnisse zu gewinnen, die in einem zirzensischen Spektakel präsentiert werden! Das ist der Kerngedanke des Austauschprojektes SOMOS-Wir sind! In diesem Jahr sammelten ca. 50 Jugendlichen, aus Köln, Kerpen, Corinto und Managua, 11.000 Mangrovensetzlinge, pflanzten diese einige Tage später in einem bedrohten Mangrovenwaldbereich ein. Die Jugendlichen standen dabei gemeinsam über Stunden im hüfthohen Mangrovenschlamm. Sie säuberten gemeinsam den Strand von Müll und lernten vor Ort das Küstenschutzprojekt „Geotuben“ kennen. Da die Küste mittlerweile bis auf ca. 30 Meter an das Kulturzentrum „herangerückt“ ist, waren diese Informationen natürlich besonders interessant und die Bedrohung sozusagen körperlich spürbar und hörbar durch das nahe Meeresrauschen. Nach täglichen praktischen gemeinsamen Erfahrungen, wurden abends bis in die späte Nacht hinein in Upcycling Workshops und vor allem in Circus Workshops an der Präsentation gearbeitet. Der Schwerpunkt lag darauf, die täglich gewonnenen Eindrücke in die Show einzuarbeiten. Dies gelang mit rudimentären Sprachkenntnissen. Das gemeinsame Handeln löste Kommunikationsprobleme. Insbesondere hier zeigte, sich, dass das Medium „Circuspädagogik“ eine großartige Möglichkeit ist, Sprachbarrieren zu überwinden, Erkenntnisse in Handeln umzusetzen und gemeinsame Perspektiven zu entwickeln. Sowohl in Deutschland, als auch in Corinto wurden für das zirzensische Theater notwendige Requisiten im Vorhinein erworben bzw. hergestellt. Aus Deutschland brachten wir einige sicherheitsrelevante Materialien mit (Haken, Schlaufen, Gurte), eine große Stoffbahn für die Videopräsentation, aus dem CAN Managua wurden Akrobatikmatten gestellt und in Corinto wurden aus Holz Requisiten wie ein Vertikal-Pole, Stelzen und Keulen gebaut. Durch die gemeinsame Vorplanung gelang es uns, nach nur 5 Tagen, ein erstes Zirkustheaterstück zu präsentieren. Auf dem 3. nationalen Mangrovenfestival in Corinto zeigten wir, ebenso wie in dem CAN in Managua, Ausschnitte aus dem Programm. Obwohl nicht alle unsere Wünsche und Planungen erfüllt werden konnten, setzte das Zirkustheaterstück neue Akzente im Projekt SOMOS-Wir sind!. Über diese konkrete Zielsetzung hinaus gelang es, neue artistische Trainingsmethoden für alle Jugendlichen einzuführen und zu erproben. In Zukunft werden wir diesen Ansatz fortführen. Wichtigste Erfahrung und Erkenntnis sind, dass die gemeinsame praktische Arbeit in den Mangroven und im Circus die Jugendlichen verbindet. Spaß, Entwicklungen, Kenntnisse und die Problematik der Gefährdung der Lebensumwelt, siehe Mangroven, gehören zusammen. Das ist die gemeinsame Lebenswelt vor Ort. Mangroven- und Küstenschutz sind für unsere Freunde aus Corinto und damit auch für unser gemeinsames Projekt, lebensnotwendig. Deglis aus Corinto schrieb uns: „Für mich waren am interessantesten: neue Menschen kennenzulernen und viel von ihnen zu lernen / über die Mangroven und die Umweltaktivitäten mehr zu lernen / Neues im Bereich Akrobatik und Pole von einer ausgezeichneten Lehrerin zu lernen. Ich habe in der kurzen Zeit viel mehr gelernt als ich mir vorgestellt habe“.

Die Beteiligten

Unsere Partner sind seit 2005 der Circus Colorinto in Corinto, das Centro de Menores. Für die Projektdurchführung 2017 gewannen wir drei neue Partner hinzu. Zum einen das Gymnasium Kerpen, das in den letzten Jahren immer mit 2 SchülerInnen Teil des Austauschprogramms war, die Deutsch Nicaraguanische Schule in Managua (CAN –Colegio Aleman Nicaragüense) und die Schule Guillermo Delgadillo aus Corinto. Unser Projektthema 2017 lautete: „Proteje tu mangle“ (beschütze deine Mangroven) Bei unserem Austausch im Jahre 2015 in Nicaragua, arbeiteten wir erstmals mit den Jugendlichen vor Ort zum Problembereich Mangrovenabholzung und Küstenschutz. Die Jugendlichen der Schule Guillermo Delgadillo stellten überzeugend die aktuellen Probleme dar. Hierdurch entstand ein erster Kontakt und im Gegenzug bekamen die SchülerInnen der Schule Guillermo Delgadillo einen ersten Einblick in die circensische Arbeit. Gleichzeitig entwickelten wir theater- und zirkusspezifische Formen, das Thema Mangrovenschutz in die öffentlichen Auftritte einzubauen, bzw. entsprechend zu inszenieren z.Bsp, versteigerten wir bei unserem Auftritt einen Öko-Sparofen. Aus dieser Zusammenarbeit entstand die Idee, SchülerInnen des CAN aus Managua, die im Pflichtunterricht ein praktisches ökologisches Projekt absolvieren, mit in das Mangrovenprojekt einzubeziehen. Bereits drei Wochen nach unserer Abreise gab es 2015 den ersten innernicaraguanischen Austausch in Corinto. Mehr als 60 SchülerInn des CAN waren für 2 Tage in Corinto, um in den Mangroven zu arbeiten (Müllbeseitigung, Herstellung von Schmuck aus Müll „Upcycling“, Neuanpflanzung) und gemeinsam mit den Corinteños Circus zu machen. Diese Zusammenarbeit brachte die verantwortlichen Leiter zusammen. Im Juni 2016 organisierten wir den Fachkräfteaustausch zwischen Lehrerinnen des CAN, der Schule Guillermo Delgadillo, des Jugendzentrums und des Circo Colorinto in Köln, um gemeinsam die weiteren Begegnungsmaßnahmen zu entwickeln. Um die Synergieeffekte zu nutzen, begannen wir für 2016 den Schüleraustausch zwischen dem CAN/Managua und der Willy-Brandt-Gesamtschule/Köln. Ende September 2016 besuchten uns 17 SchülerInnen des CAN erstmals in Köln. Ziel war neben der Vertiefung der deutschen Sprache vor allem das Kennenlernen unterschiedlicher kultureller Gegebenheiten und die gemeinsame Weiterentwicklung der ökologischen Schülerbegegnung in Corinto. Wir besuchten gemeinsam eine Kompostierungsanlage (in Wanlo/Mönchengladbach). Dort werden aus Holz- und Laubresten Muttererde und weitere Produkte (Mulch, Dämmstoffe) produziert. Die sieben SchülerInnen des CAN berichteten mit Bildvorträgen über den Austausch mit den Jugendlichen aus Corinto und ihrer Arbeit in den Mangroven. Dieser Schüleraustausch wurde 2017 fortgesetzt. Auch der Austausch zwischen dem CAN und den Jugendlichen aus Corinto fand 2016 eine Fortsetzung. Dieser Austausch gehört mittlerweile zum festen Curriculum des CAN. Über das Projekt SOMOS-Wir sind! gab es regelmäßigen Kontakt nach Corinto über alle aktuellen Fragen und Planungen (per Skype, Email und direkte Besuche). Mit den deutschen Jugendlichen bereiteten wir die Reise in 2 Vorbereitungstreffen (einen Abendtermin und einen Wochenendtermin) gemeinsam vor, dazu gehörten auch gemeinsame Besuche von Theatervorstellungen hier in Köln (Bauturmtheater: „Der siebte Kontinent“ / Schauspielhaus Köln „10 Milliarden – ohne mich“). Im Februar 2017 besuchte ich, als einer der Mitorganisatoren, unsere Partner in Corinto und Managua, um die gemeinsamen Planungen zu koordinieren. Hier wurden die wichtigsten Absprachen zum Verlauf des Projektes getroffen, die im weiteren über Skype fortgesetzt wurden. Aus den 5 beteiligten Gruppen (Gym. Kerpen, Circus Radelito, escuela Guillermo Delgadillo, CAN Managua, Centro/Circo Colorinto) verfügen 2 über circensische Erfahrungen und waren daher für die Planung, das Training und integrierten all anderen Gruppen in die Show. Alle gemeinsam arbeiteten am ökologischen Bereich zusammen.

Erleben, Verstehen, Bewerten und Handeln bezogen auf eine nachhaltige Entwicklung in Deutschland und im jeweiligen Partnerland

Aus dem bisher Geschriebenen wird der Projektansatz für 2017 deutlich: Gemeinsam wollten wir die ökologischen Problemfelder: Küstenschutz, Mangroven und Müll vor Ort in Corinto bearbeiten und in einem zirzensischen Theaterstück der Öffentlichkeit präsentieren. Wasser als eines der zentralen Problembereiche, unabhängig davon wo wir leben, war der Aufhänger für unser Projekt, denn ohne Wasser ist kein Leben möglich. Unser „westlicher“ Lebensstil führt u.a. zu großen Problemen auch und gerade in ärmeren Ländern (Trinkwasserverschmutzung, Vermüllung etc.). Wenn wir in einem gemeinsamen Projekt die Bedeutung des Wassers kennen- und schätzen lernen, kann dies das zukünftige Handeln der Jugendlichen ändern. Nach dem Austausch sind erst 3 Wochen vergangen, bisher hatten wir kaum Gelegenheit uns untereinander und auch mit unseren Partnern vor Ort auszutauschen. Für die deutsche Reisegruppe steht eine gemeinsame Projektnachbesprechung noch aus. Erste Rückmeldungen signalisieren eine große Zufriedenheit, den Wunsch weiter gemeinsam am Projekt zu arbeiten, Ideen für die weitere Arbeit und den offensichtlichen Lerneffekt: Felix aus Köln schreibt: „In den zwei Wochen Nicaragua habe ich sehr viele Eindrücke gesammelt. Mein Kopf ist voll davon und braucht Zeit alles zu verarbeiten“. Kirsten (Circuspädagogin der Radelitos) haben besonders die gemeinsamen Aktivitäten gefallen (Mangrovensetzlinge sammeln und einpflanzen / Training und Vorbereitung auf die Show) und sie hat schon viele Ideen für den erneuten Austausch, wie Verbesserung der Aufgabenverteilung und der Kommunikation unter den beteiligten Gruppen. Patrizia aus Kerpen schreibt: „Besonders gefallen hat mir, dass wir uns alle gut verstanden haben, wir und die Nicas. Mich hat es sehr beeindruckt, wie glücklich und zufrieden sie scheinen. Loswerden möchte ich noch, dass ich sehr dankbar für die vielen Erfahrungen bin, die Nicas ganz tolle Leute sind und die Natur wunderschön ist und sich lohnt, sie zu schützen“. Roberto, ein beteiligter Theaterlehrer des CAN schreibt: „Es ist interessant zu sehen wie sich zwei Arten von Aktivitäten mischen und zusammen passen; die Umwelt und die Kunst schaffen sich zu treffen, und schaffen es aufgrund unterschiedlicher Aktionen wie Recycling, die Darstellung in Form einer Aufführung und Aktivitäten zur Müllsäuberung und Wiederaufforstung, das Bewusstsein der Bevölkerung für die existierenden Probleme in ihrem Umfeld zu schärfen und dafür zu sensibilisieren wie sie kontinuierlich diese als Gemeinschaft anpacken können“. dass viele SiuS da waren, die Lust hatten, etwas zusammen mit dem Zirkusteam der Radelitos zu machen und ich gehe davon aus, dass es eine großartige Erfahrung ist von anderen SuS etwas zu lernen, ihre Erfahrungen kennenzulernen und Ideen zum Thema auszutauschen. In diesem Zusammenhang hat das Projekt sein Ziel erreicht, die Auswirkungen sind spürbar und es freut mich, dass ich ein Teil dieser Erfahrung sein konnte, die zweifelllos Samenkörnchen hinterlässt, die Stückchen für Stückchen für Stückchen anfangen zu wachsen“. Melissa aus Kerpen schreibt: „Der Zirkus war toll und das Training hat Spaß gemacht. Ich fand es gut, dass unsere eigenen Ideen unterstützt wurden und wir die Möglichkeiten hatten so viele neue Leute kennenzulernen“ Victoria, Biologielehrerin am CAN schreibt: „Man kann die Magroven in der Morgenfrühe besuchen und die Biodiversität der Vögel mit einem Spezialisten der Vogelkunde sehen und erleben. In Bezug auf die Aktionen zur Reinigung der Küste sollte man Säcke verwenden, die stabiler sind als die Plastiksäcke und die man wiederverwenden kann. Darüber hinaus bietet es sich an, eine Strategie zur Umwelterziehung mit der Bürgermeisterei zu entwickeln, die sich an die Einwohner richtet, die direkt an der Küste leben und die den Abfall an er Küste hinterlassen, sie einbeziehen, damit sie sich als verantwortlicher Teil für die Sauberhaltung der Küste wahrnehmen“. Fast alle würden sich gerne an weiteren Austauschbegegnungen wieder beteiligen. Geschärft wurde der Blick für die Notwendigkeit einer noch intensiveren gemeinsamen Vorbereitung. Der Versuch, ökologische Probleme zirzensisch in einem Stück aufzuführen, kann, trotz kleinerer Probleme, als gelungen bezeichnet werden. Wir führten das Stück –wenn auch nur in Teilen- dreimal auf. Hier zeigten sich große Fortschritte im gemeinsamen Tun. Die Abschlussvorstellung im CAN bildete diesbezüglich einen emotionalen Höhepunkt und zeigte auf, was auch in einem begrenzten zeitrahmen inhaltlich möglich ist. Obwohl noch nicht alle Rückmeldungen zum jüngsten Austausch eingetroffen sind, stehen wir schon in den Vorbereitungen für den Austausch 2018 hier in Deutschland. Ökologie und zirzensische Umsetzung werden auch dann eine Rolle spielen. Unser „Nachtreffen“ zum Austausch wird sich sicherlich mit der Frage beschäftigen: „Wie setzen wir das um, was wir von dieser Reise mitgenommen haben“? Insbesondere wird das Thema Wasser eine Rolle spielen. Lernen hat da auch ganz einfach vor Ort stattgefunden. Das wurde allen bewusst, als die Pumpe für den Wassertank, der uns mit Frischwasser versorgte, nach 3 Tagen ausfiel. Ab dem Moment wurden wir unmittelbar mit der normalen Wasserproblematik Corintos konfrontiert. Wasser gab es nur zu ganz bestimmten Zeiten und sehr eingeschränkt. Zum Duschen Wasser mit einer kleinen Schale aus einem großen Fass schöpfen gehörte zum täglichen Ritual. Ein Tropensturm hatte kurz vor unserer Reise großen Schaden im Süden Nicaraguas angerichtet, glücklicherweise in Corinto nur zu 5 Meter hohen Wellen geführt, da sich die Geotuben schon als Schutz bewährten. Moderne Kommunikationsmöglichkeiten erleichtern die Vor- und Nachbereitung auf den nächsten Austausch und sorgen damit für Nachhaltigkeit. Nachbereitung und Vorbereitung gehen praktisch ineinander über. Die erste power Point Präsentation zu den Mangroven läuft bereits in der Schule. Direkt nach unserem Austausch hatten wir Besuch aus der Stadtverwaltung von Corinto. Im Zusammenhang mit dem Klimagipfel in Bonn, besuchten uns der Bürgermeister von Corinto, der Stadtdirektor und der Stadtplaner. In einer Unterrichtsstunde gaben sie den SchülerInnen der WBG einen kurzen und informativen Einblick in die aktuellen ökologischen Probleme der Stadt Corinto im Zusammenhang mit unserem Austauschprojekt.

Insgesamt wird durch die intensive Zusammenarbeit, Vor- und Nachbereitung und Einbeziehung verschiedenster Projektpartner eine breite Streuung der Idee über viele Beteiligte und viele Themenbereiche, die sowohl Detuschland als auch die Lebenswelten unserer Partner betreffen zusammengeführt und gemeinsam an einer nachhaltigen Entwicklung gearbeitet. Der Ausgangspunkt der circensischen Aktivitäten schafft es, Jugendliche in großem Maße zu begeistern und enorme Energien und Empathie frei zu setzen.

3. Preis: Osterode-Kaolack

Lycée Valdiodio NDiaye in Kaolack (Senegal) & Tilman-Riemenschneider-Gymnasium Osterode am Harz (Deutschland)

Aus einem Briefkontakt Anfang April 2012 hat sich mittlerweile eine von unzähligen Akteuren auf beiden Seiten getragene Partnerschaft zwischen dem TRG Osterode und dem Lycée Valdiodio NDiaye in Kaolack entwickelt. Im Rahmen von Begegnungen in Deutschland und Senegal wurde bereits zu folgenden Themen gearbeitet: 1. Migration am Beispiel des Fußballs, 2. Partizipation – gesellschaftliche Teilhabe, hier ist das Projekt Junior Lehrer entstanden, bei dem ältere Senegalesen jüngeren Leuten aus ihrem Viertel wöchentlich Nachhilfe im Bereich Sport und Bildung (Lesen, Rechnen, Schreiben) geben. Dieses Projekt erfährt mit dem deutsch-senegalesischen Tennispass 2017 eine nachhaltige Fortführung und bildet den motivationalen Kern unserer Begegnung im August 2017 in Osterode; 3. Musikalische Brücken bauen – hier haben Schüler beider Länder gemeinsame Songs geschrieben und ein Konzert auf der Insel Gorée gestaltet. Zudem hat eine deutsch-senegalesische Arbeitsgruppe mit ihrem gemeinsamen Song „Deux continents – une amitié“ beim Eine Welt-Songwettbewerb des Bundespräsidenten brilliert und ihren Song u.a. beim Eine Welt-Festival im Juni 2016 in Berlin präsentiert; 4. Vor einigen Monaten haben wir gemeinsam zum Thema Wasser gearbeitet und hier wie dort „Gärten“ angelegt, Nachhaltigkeitsfragen und Ressourcenschonung erforscht. 5. Das Tennisprojekt im August 2017 mit dem Ziel, einen deutsch-senegalesischen Tennispass zu entwickeln, der anderen Kids hier wie dort die Teilhabe über Sport am öffentlichen Leben ermöglicht und überhaupt Lust auf Sport mit Freunden (v.a. auch für Mädchen!!) weckt.

Kurzum: Stets auf Augenhöhe, eng an den Interessen der Jugendlichen orientiert und durch eigenverantwortliches Vorgehen der SchülerInnen haben sämtliche Begegnungen Projekte hervorgebracht, die auf Nachhaltigkeit ausgerichtet und im Sinne globalen Lernens zu verstehen sind. Wir bemühen uns „Brücken der Begegnung“ zwischen Osterode und Kaolack zu gestalten, daher passt die „Bridge it-Idee“ zu uns und wir hoffentlich auch zu „Bridge it!“.

Der Projektansatz

Sport ist neben Musik und Kunst DAS verbindende Element der jungen Leute beider Länder. Sowohl die Senegal-AG des TRG als auch der Deutschclub in Kaolack haben festgestellt, dass das Freizeitangebot in Senegal / aber auch in Dtl. sehr „fußballlastig“ ist und dass Mädchen im Grunde genommen wenig „Spielräume“ haben. Die Projektgruppe (mehrheitlich aus Mädchen bestehend) wollte daran etwas ändern und gemeinsam die Sportart Tennis (damals v.a. wegen Angelique Kerber omnipräsent) entdecken. Tennis setzt gemeinsames Lernen voraus, fördert (non-)verbale Kommunikation und ist sehr aktivierend.

Das im Mai 2015 begonnene Projekt „Junior Lehrer“ (ältere Schüler helfen jüngeren Schülern) war hier von zentraler Bedeutung. Einige Junior-Lehrer sind im Deutschclub und wollten Tennis gerne in ihr Angebot aufnehmen. Ihr Wunsch bestand darin, ein kleines Trainingsprogramm zu entwickeln, bei dem Kinder aus dem Viertel in wenigen Stunden Tennis lernen und anwenden können. Die TRG-Schüler fanden diese Idee klasse und waren sofort dafür, ein solches Lernprogramm für die Integration von z.B. Geflüchteten am TRG / in Osterode zu nutzen. Der Mehrgewinn ist für beide Seiten erheblich: Senegalesen und Deutsche blicken über den Tellerrand, sie werden zu Teamern / Vorbildern für andere, gestalten ihr Umfeld, setzen sich mit der Rolle der Frau hier wie dort aktiv auseinander und werden im Nachgang an die Reise in der Schule zu Multiplikatoren / Brückenbauern. Tennis soll also interkulturelles Lernen zwischen den TN anregen, ein Arbeiten auf Augenhöhe ermöglichen und die Teilhabe von Mädchen vorantreiben. Zudem soll die Integration Benachteiligter hier wie dort spielend (im Wortsinn gemeint) erreicht werden.

6. Platz: Aufbau einer Schulpartnerschaft zwischen der SfE und dem GPI

Ghana Permaculture Institut (Ghana) & Schule für Erwachsenenbildung e.V. Berlin (Deutschland)

Zum Aufbau einer Schulpartnerschaft haben im Februar 2016 und im Herbst 2017 im Rahmen des ENSA-Programms Anbahnungsreisen zwischen der Schule für Erwachsenenbildung e.V. (SfE) und dem Ghana Permaculture Institut (GPI) stattgefunden. Der entwicklungspolitische Verein SONED e.V. (Southern Network for Enviroment and Development) war hier Initiator und Ideengeber und begleitet das Projekt weiterhin als Kooperationspartner. Bei diesen Reisen besuchten jeweils sechs- bzw. siebenköpfige Gruppen der einen Schule die andere. Die ursprünglich für den Herbst 2016 geplante Reise unserer Partner*innen nach Berlin konnte wegen Schwierigkeiten bei der Visavergabe trotz eines Widerspruchsverfahrens nicht wie geplant stattfinden. Dies wurde dann im Herbst 2017 nachgeholt. Inzwischen haben einige der Teilnehmer*innen aus dem Februar 2016 ihre Ausbildung an der SfE bzw. dem GPI abgeschlossen.

Beide Schulen verfügen über unterschiedliche Profile. Das GPI setzt sich für die nachhaltige Verbesserung der Umwelt und der Lebensqualität der Menschen in Ghana mit den Methoden der Permakultur ein, also mit Hilfe einer an der Natur orientierten Erarbeitung sich selbsterhaltender Öko- und Wirtschaftssysteme. Dies leistet das GPI in einer wirtschaftlich schwachen Region von Ghana. Es werden hier Menschen ausgebildet, welche mit den erworbenen Erkenntnissen an ihre jeweiligen Herkunftsorte zurückkehren sollen und dort ihrerseits einen wichtigen Beitrag zu Armutsbekämpfung und zur Erhaltung der Umwelt (Eindämmung und Umkehrung der Desertifikation bzw. Versteppung) leisten.

Die SfE hingegen ist seit ihrer Gründung 1973 basisdemokratisch organisiert und selbstverwaltet. An der SfE bereiten sich Schüler*innen auf den nachträglichen Erwerb von Prüfungen (Abitur und MSA) vor, welche diese aus verschiedenen Gründen zuvor nicht geschafft haben und oft schwierige Erfahrungen mit dem deutschen Bildungssystem gemacht haben, oder aus gesundheitlichen Gründen aufhören mussten. Viele der Schüler*innen gehen neben der Schule noch arbeiten, um das Schulgeld bezahlen zu können. Es werden ohne Notendruck gemeinsam die Inhalte der angestrebten Prüfungen erarbeitet. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit von Lehrenden und Lernenden ist hierbei ein zentrales Element.

Leider haben wir noch keine Rückmeldung aus Ghana zu den unten gestellten Fragen, weshalb wir uns nur auf die Angaben in den Teilnehmer*innenberichten stützen und aus persönlichen Gesprächen berichten können.

Der Projektansatz

Im Rahmen einer Schulpartnerschaft zwischen den beiden Schulen wollen wir uns über die an den Partnerschulen gelebten Aspekte des globalen Lernens und der Nachhaltigkeit austauschen. So kann die SFE vom GPI viel über das Thema des Ressourcenmanagements lernen und auf der anderen Seite ist das GPI am Konzept des basisdemokratischen Entscheidens und an Methoden der Konfliktlösung im Schulalltag interessiert.

Wie auch an der SfE allgemein üblich ist auch unsere Arbeitsgruppe basisdemokratisch und konsensorientiert organisiert. Es finden regelmäßige Treffen statt (zur Zeit zwei mal die Woche). Hierbei sind im Allgemeinen ein bis zwei Vertreter*innen von SONED, ein Angestellter der SfE und mehrere Schüler*innen dabei. Wir haben zwei gemeinsame E-Mail-Verteiler (einen mit unseren Partner*innen auf Englisch und auf Deutsch ohne unsere Partner*innen) und eine gemeinsame Dropbox, in der wir wichtige Dokumente ablegen können. So ist es uns möglich, ortsunabhängig zu arbeiten. Wie auch schon im letzten Jahr haben wir das Besuchsprogramm in Abstimmung mit unseren Partner*innen erarbeitet. Sie haben uns im Vorfeld Wünsche für mögliche Aktivitäten geschickt. Wie oben schon erwähnt, ist uns dabei immer wichtig, dass gegenseitiges Lernen stattfindet – dass sich also die Vertreter*innen aus beiden Ländern sowohl in der Rolle des Lehrende als auch in der des Lernende wiederfinden.

Bei den Reisen haben wir dann gemeinsame Interessenfelder erkundet. Besonders beeindruckt waren unsere Gäste von der gelebten Basisdemokratie in der SfE und der damit verbundenen (geschlechterübergreifenden) Aufgabenteilung – es gibt an der SfE z.B. kein Reinigungspersonal. Stattdessen ist jede Woche eine andere Klasse dafür zuständig und regelmäßig auch die Lehrer*innen und das Büropersonal.

Auf der anderen Seite hat den SfE’ler*innen die Arbeit des GPI imponiert. So konnten wir viel über die konkrete Umsetzung nachhaltiger Landwirtschaft in einer Umgebung, in der das auch nötig ist, lernen. Das GPI bezieht z.B. Strom mittels Photovoltaik, verfügt über mehrere Zisternen zur Wassermangement und arbeitet beim Anbau von Pflanzen gezielt gegen Bodenerosion. Im Vergleich zu Berlin sind dort die Probleme der (z.T. saisonalen) Ressourcenknappheit und Umweltzerstörung täglich zu spüren und haben direkte Auswirkungen auf das Leben der Menschen vor Ort. Auch der Umgang mit Müll spielt eine große Rolle in der Arbeit des GPIs.

In den ENSA-Seminaren und in unserer Vorbereitung zu den Reisen haben wir uns viel mit dem Thema Rassismus beschäftigt, sowohl im historischen Kontext am Beispiel der deutschen Kolonialgeschichte in Afrika, als auch im Alltag heute. Unser Projekt arbeitet auf die Umsetzung vieler SDGs hin. Zum Beispiel wird das Ziel der Hochwertigen Bildung durch den Wissens- und Erfahrungsaustausch auf den jeweiligen Hauptgebieten gefördert. Auch in Bezug auf weniger Ungleichheit kann unser Projekt Erfolge z.B. in Form von den erkämpften Visa-Bescheiden für unsere Partner vorweisen. Dadurch, dass beide Schulen andere Schwerpunkte und Lebensrealitäten haben, kann die SfE zu den Themen alternative Bildungssysteme und Geschlechter-Gleichheit dem GPI und umgekehrt das GPI der SfE in Sachen nachhaltigem Konsum und Klimaschutz etwas beibringen.

Das Ziel der Partnerschaftsbildung zum Erreichen aller anderer Ziele ist für uns einer der wichtigsten Punkte. Denn, nur wenn wir gemeinsam Brücken zueinander bauen und zusammenarbeiten, können wir eine nachhaltigere Welt erschaffen.

7. Platz: Unsere Lebensmittel – Nahrungsbewusstsein in Deutschland und Guatemala

Colegio von Humboldt in Guatemala Stadt (Guatemala) & Dr.- Konrad-Duden-Gymnasium in Schleiz/ Thüringen (Deutschland)

Wir, das heißt die Gruppe des letzten deutsch- guatemaltekischen Austauschs am Dr.- Konrad-Duden-Gymnasium in Schleiz/ Thüringen, bewerben uns mit dem Projekt „Unsere Lebensmittel – Nahrungsbewusstsein in Deutschland und Guatemala“. Unser Partner ist das „Colegio von Humboldt“ in der Zone 16 von Guatemala Stadt. Unser Projekt setzte sich aus mehreren Besuchen und Aufenthalten bei lebensmittelproduzierenden Betrieben zusammen, die wir gemeinsam näher kennenlernten und in deren Umfeld wir über agrarische Produkte, deren Produktion und Bedeutung für unser Leben diskutierten und auch selbst Nahrungsmittel herstellten. Ziel dieses Austausches für uns war es, neben den globalen Freundschaften mehr Bewusstsein für Lebensmittel als Grundlage unseres Lebens zu schaffen.

Der Projektansatz

Die Idee zu diesem Projekt existiert bereits seit einem früheren Besuch bei unserer Partnerschule in Guatemala. Da man in Deutschland guatemaltekischen Kaffee kaufen kann und wir deutschen Schüler uns in der Produktion von Kaffee kaum auskannten, äußerten wir den Wunsch,  gemeinsam ein Kaffeeprojekt in Guatemala durchzuführen. Wir besuchten eine Kaffeeplantage und eine Kaffeerösterei, in der noch vieles mit Hand erledigt wurde, sehr schwer vorstellbar für uns Deutsche. Anschließend testeten wir die verschiedenen Kaffeequalitäten in einem Versuchslabor. Uns fiel auf, dass auch unsere guatemaltekischen Gastschüler vieles zum ersten Mal machten, auch wenn sie mehr über den Kaffee als Produkt wussten.

Ein zweiter Aspekt war der Besuch der einzigen guatemaltekischen Bierbrauerei. Schon damals mussten wir feststellen, dass Deutschland vom Ruf als Bier-Land in der Welt sehr geprägt ist. Kurzum: Aus diesen kleinen Ereignissen entstand die Idee für das oben genannte Projekt, das wir beim Gegenbesuch unserer Partnerschule 2016 durchführten.

Im Bereich des Themas Lebensmittel konnten wir durch unser Projekt ganz bewusst die Gemeinsamkeiten, aber vor allem auch Unterschiede in den Essgewohnheiten unserer Kulturen feststellen. So hatten die guatemaltekischen Schüler zwar vom ausgiebigen Genuss dunklen Brotes in Deutschland gehört, aber sich in ihrem Heimatland damit noch nicht weiter auseinandergesetzt. Da sie alle aus der Metropole Guatemala Stadt kommen, wussten sie nicht viel über die Herstellung alltäglicher Nahrungsmittel, sodass wir uns diese Idee zu Nutze machten.

Durch unseren thematischen Austausch in Bezug auf Lebensmittel ist uns mit unserem Projekt ein gleichberechtigtes Geben und Nehmen von Wissen bezüglich der Lebensmittel und somit auch ein Wissensaustausch beider Kulturen in diesem Bereich gut gelungen.

Doch uns ist auch aufgefallen, dass unser Projekt erst ein solides Fundament bildet, um sich in diesem Bereich anzunähern. Es könnte in Zukunft einen noch intensiveren Austausch im Bereich der Agrarproduktion geben: Welche Rolle hat die Landwirtschaft für Deutschland gespielt und welche Bedeutung hat sie heute und vielmehr welche Rolle hat die Landwirtschaft in Guatemala und wie trägt sie zur Ernährung der eigenen Bevölkerung bei? Können die Menschen von der heimischen Landwirtschaft gleichermaßen leben und profitieren und sie nachhaltig betreiben, um langfristig Erträge zu sichern, ohne dabei der Natur zu schaden? So konnten und können wir immer noch voneinander lernen. Diese Fragen interessieren uns und bilden eine Grundlage für den weiteren Austausch mit unserem Partnerland.

Die wichtigsten Erfahrungen waren für uns, dass wir, geprägt durch das ländliche Leben, unseren Gastschülern vieles ohne die Hilfe anderer erklären konnten. Die Guatemalteken zeigten eine hohe Bereitschaft, alles selbst auszuprobieren, ob es die Herstellung von Käse war oder das Backen von Brot in einem alten Holzofen auf dem Bauernhof. Wir lernten auch, dass die Methode „Learning by doing“ in einem bilingualen Kontext sehr viel bringt und zu einem gemeinsamen Erfolg führt. Und wenn die Produkte, die man selbst hergestellt hat, dann auch noch schmecken, obwohl man aus einem völlig anderen Kulturkreis kommt, ist das Ziel erreicht.

Das Projekt

Das Projekt gliederte sich in einen theoretischen und einen praktischen Teil. Die deutschen Schüler erklärten den guatemaltekischen Schülern z.B. den Aufbau einer Agrargenossenschaft und die Vermarktung einheimischer Produkte. Umweltaspekte wie Transportwege, Verwendung von Dünger usw. wurden besprochen. Interessant für unsere Gastschüler war auch, mit welchen Getreidesorten hier vorrangig produziert wird, da in Guatemala ja vorwiegend Mais verwendet wird. Untermauert wurde diese Gruppenarbeit durch Besuche bei der Agrargenossenschaft Pahren, der Sternquellbrauerei Plauen und der Ruhmühle in Plauen, wo theoretisches Wissen praktisch vorgeführt wurde.

Der praktische Teil bestand darin, dass wir in der Käseschule Dittersdorf selbst Käse herstellten. Exaktes und sauberes Arbeiten waren hier besonders wichtig, um zum Abschluss leckeren Käse zu verkosten. Außerdem verbrachten wir zwei Tage auf einem Bauernhof. Dort lernten vor allem unsere guatemaltekischen Schüler das Leben im ländlichen Bereich kennen und wahrscheinlich auch lieben, denn alles musste selbst gemacht werden. Die Zutaten für den Teig wurden besprochen und besorgt, die Arbeiten in der Küche verteilt, der Ofen mit Holz bestückt und auf die richtige Temperatur gebracht. Obwohl viele Menschen auf engstem Raum arbeiteten, war es eine tolles und fröhliches Miteinander trotz einiger Sprachprobleme.  Das alles geschah ganz im Zeichen unseres zentralen Projektes: „Woher stammen unsere Lebensmittel?“ Den Abschluss des Projekts gestalteten unsere Gäste, indem auch sie während eines guatemaltekischen Abends traditionell für uns kochten, damit alle Anwesenden, nicht nur die, die schon in Guatemala waren, die Unterschiede zwischen beiden Ländern kennenlernen konnten.

8. Platz: UNESCO-Namibia-Ag Projekt

A Shipena Secondary School in Katutura, Windhoek (Namibia) & Schillergymnasium Münster (Deutschland)

Das Schillergymnasium Münster ist seit 2004 in der Partnerschaftsarbeit mit namibischen Schulen aktiv. Jedes Jahr besuchen seitdem deutsche SchülerInnen Namibia und namibische SchülerInnen Deutschland. Seit 2010 besteht eine intensive Partnerschaft zwischen dem Schillergymnasium und der A Shipena Secondary School in Katutura, einem Township bei Windhoek. Gemeinsam werden unterschiedliche Projekte durchgeführt. Seit 2015 führen wir unser Austauschprogramm inklusiv durch, hinzugekommen sind auf deutscher Seite die Primusschule und auf namibischer Seite die School for the hearing Impaired. Assoziativ arbeitet auch die Schule für the visualy Impaired mit. Schillergymnasium und Primusschule sind inklusive Schulen, hier lernen SchülerInnen mit und ohne Förderbedarf gemeinsam. Das Prinzip der Inklusion ist in Namibia  ausdrücklich gewünscht, von daher wird unsere Arbeit mit den namibischen Förderschulen und der A Shipena Secondary School auch von dem Education Ministry aktiv unterstützt und die Partnerschaft entwickelt sich dynamisch weiter.

Der Projektansatz

„Es ist normal, verschieden zu sein“ ist das Leitwort unseres inklusiven Ansatzes.

D.h., jeder in der Gruppe bringt sich nach seinen Möglichkeiten in die Projektarbeit ein. Somit erlebt sich jeder in der Gruppe mal als Lehrender, mal als Lernender. Das gilt sowohl für Lehrer und Schüler, Namibier und Deutsche, Gehörlose und Hörende, Theoretiker und Praktiker. Wichtig ist uns bei unserer Arbeit auch die mediale Dokumentation. Von daher ist unsere Arbeit vor allem  verständlich, wenn man sich unsere Projektvideos bei Youtube anschaut:

Projekt in Namibia:
Working on common projects – Namibian – German exchange program 2017

Projekt Münster:
LambertiHütteBistum

Wichtig bei unserer Arbeit ist es uns, bestimmte Klischees und Steretypen in Frage zu stellen: etwa der Behinderte und der Namibier brauchen Hilfe, der Gesunde und der Deutsche helfen.Die Deutschen reisen, die Namibier werden besucht.

Zunächst begann unsere Partnerschaft mit dem Wunsch der deutschen Partner, der namibischen Seite zu „helfen“, vor allem durch Einwerben von Spendenmitteln wie z.B. Sponsorenläufe. Es gab auf namibischer Seite auch eine entsprechende Erwartungshaltung. Das gehört inzwischen aber längst der Vergangenheit an. Inzwischen sind wir zu verlässlichen Partnern auf Augenhöhe und Freunde geworden, bis hin zu persönlichen Freundschaften und Eheschließungen von ehemaligen Schülern aus Namibia und Deutschland, Das erste Kind mit Elternteilen aus beiden Ländern ist gerade eingeschult worden. Heute planen wir unsere Projekte gemeinsam, Ideen aus beiden Ländern werden eingebracht und ihre Umsetzung gemeinsam diskutiert. LehrerInnen  und SchülerInnen beider Länder bringen sich mit je ihren eigenen Begabungen und Fähigkeiten ein, d.h. jeder erlebt sich mal als Lehrender, mal als Lernender:

So hatten zum Beispiel deutsche Schülerinnen mit Lernbehinderung die Idee,Handarbeitsprojekte mit namibischen Kindern durchzuführen, namibische gehörlose Schülerinnen Hair styling Kurse mit deutschen Mädchen. Namibische LehrerInnen und SchülerInnen haben den deutschen TeilnehmerInnen die traditionnelle namibische Küche nähergebracht, die deutschen SchülerInnen mit einem Skater das Skaten. Anfang nächsten Jahres ist auch der Bau eines Skateparks geplant, um Jugendlichen in Katutura Sport und Freizeit zu bieten. Alle Beteiligten haben gemeinsam eine Skaterrampe in Namibia gebaut und ein Gartenhaus für einen Kindergarten in Deutschland. Gemeinsam wurde auch in einem Township in Swakopmund ein Container für den Umbau in einen Klassenraum vorbereitet. Mit vielen anderen namibischden Kindern nahm die deutsch-namibische Gruppe auch an einer großen Müllsammelaktion der Stadt Windhoek teil. Ein Betreuer aus Deutschland hatte die Idee, gemeinsam mit allen Schülern Modellwindräder zu bauen, um so auch den Kindern mit Behinderung die Funktionsweise von alternativen Energien näher zu bringen.

Dokumentiert wurde das Projekt von einer deutsch-namibischen Schülergruppe.

9. Platz: „Light for learning“ – Projekt der PAB und GSS

Gituru Secondary School aus der Region Naivasha (Kenia) und PAB Gesamtschule Werther/Borgholzhausen

Gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern unserer Partnerschule, der Gituru Secondary School aus der Region Naivasha (Kenia), haben wir letzten Sommer 100 kleine Solarlampen hergestellt. In Marmeladen- und Honiggläsern wurde eine Batterie, ein kleines Solarmodul und eine LED-Leuchte eingebaut und der Stromkreislauf über ein Steuerungsmodul zusammengelötet. Die Lampen sollen nun in den Haushalten der kenianischen Schülerinnen und Schüler die vorher benutzten Kerosinlampen ersetzen, denn diese sind nicht ganz ungefährlich, da sie öfter explodieren und zu Bränden führen können. Mit unserem Projekt möchten wir die natürliche Ressource Sonnenlicht nutzen. Außerdem sollen die Schülerinnen und Schüler dadurch die Möglichkeit bekommen zu Hause, bei Dunkelheit „Light for learning“ zu haben.

Der Projektansatz

In einem 5-tägigen Workshop haben wir in deutsch-kenianischen Gruppen das Projekt umgesetzt. Die Beschaffung der Materialien wurde aufgeteilt, indem die Kenianer Honig- und Marmeladengläser besorgten und unsere Gruppe die technischen Dinge und Werkzeuge mit nach Kenia genommen haben.

Durch das gemeinsame Bauen der Lampen in gemischten Gruppen sind wir ins Gespräch gekommen und konnten so voneinander lernen und uns über die unterschiedlichen Kulturen austauschen. Zum Beispiel haben wir uns die Begrifflichkeiten der Werkzeuge und der Materialien in den verschiedenen Sprachen (Englisch, Kiswahili und Deutsch) beigebracht. Jede und jeder entwickelte seine eigenen Techniken in Bezug auf die besten Handgriffe, sodass wir uns gegenseitig unterstützen konnten.

Für den weiteren Verlauf der Partnerschaft sind bei weiteren Begegnungsreisen Umweltprojekte geplant, wie zum Beispiel eine Baumpflanzaktion in Kenia oder in Deutschland der Bau eines Erlebnispfades. Der Kontakt soll durch die regelmäßigen Begegnungsreisen bestehen bleiben. Außerdem wird über verschiedene Medien und soziale Netzwerke die Kommunikation über die Ländergrenzen hinausgeführt.

Die wichtigsten Erfahrungen und Erkenntnisse, die wir durch den Austausch mit unseren Partnerinnen und Partnern gewonnen haben sind zum Beispiel, dass die Vorurteile über die finanziellen Unterschiede bei so einem Projekt nicht entscheidend sind, denn viel wichtiger sind andere Werte wie Freundschaften, persönliche Werte, die man erworben hat und der Austausch untereinander. Außerdem machen wir Deutschen uns manchmal viel zu viel Stress und sollten öfters mal die kenianische Mentalität „HAKUNA MATATA“ leben. Die Kenianerinnen und Kenianer waren bei dem Projekt viel gelassener, wodurch ein sehr angenehmes Arbeitsklima entstanden ist. Durch das gemeinsame Projekt ist uns klargeworden, wie einfach man einen Beitrag zum Umweltschutz leisten kann. Deshalb sollte man diesen Denkansatz „Man kann auch mit kleinen Dingen etwas bewegen“ verbreiten.

Wir haben auch die kenianischen Schülerinnen und Schüler zu ihren Erfahrungen und Erkenntnissen gefragt. Ihre Antwort lautet: „Students who participated improved their self-confidence. They were able to put theory learnt into practice. Some students were able to identify faults in the non-working lamps and did repair work. It also increased teamwork among students and teachers from GITURU & PAB. Students were able to assemble the lamps and achieved great satisfaction.”

10. Platz: FAIR Handeln III – Wie Leben gelingt?

Corazón de Jesús, Dulce Nombre (Nicaragua) & Jenaplan-Schule Jena (Deutschland)

Im Zentrum unserer Arbeit steht der Austausch und die Partnerschaft zwischen der Jenaplan-Schule Jena und der nicaraguanischen Schule ‚Corazon de Jesùs‘ in Dulce Nombre. Entstanden ist diese Verbindung aus einem Briefwechsel deutscher und nicaraguanischer Schüler. Nach den ersten Austauschreisen und gemeinsamen Projekten mit unserer Partnerschule suchten Schüler nach einer nachhaltigen Finanzierungsmöglichkeit für die Zukunft. Sie entschieden sich für eine Schüler-GmbH, in der man das bereits existierende Schülercafé der Schule mit einbeziehen wollte. Außerdem galt es, eine feste Gruppe zu bilden, die sich um den Austausch kümmern sollte. Seit dem wurden viele verschiedene Projekte mit Themenschwerpunkten wie Nachhaltigkeit, Fairer Handel, Umweltschutz oder Aufklärung sowie gegenseitige Austauschs durchgeführt. Der Briefkontakt blieb besonders für die jüngeren Schüler der Schulen ein wichtiger Bestandteil der Partnerschaft.

Der Projektansatz

Zu dem Projekt „Wie Leben gelingt“ behandelten wir Themen wie Aufklärung/Verhütung, Erkennen und Entwickeln eigener Ziele, Nachhaltigkeit in der Gesellschaft und im privaten Leben. Es fanden folgende Workshops, Aktionen statt: Aufklärungsworkshop; Theaterworkshop („Wie Leben gelingt?“); Computerkurs; Englischunterricht (Erstellung eines Trilingualen Wörterbuchs); Kreativworkshop (Schmuckgestaltung, Hochbeete, Handarbeiten); Ausflüge (Weimar, Apolda, Leipzig, Berlin, Dresden); Besuch Kommunalservice, Kaffee-Kooperative, Bundestag, Imker, Geburtshaus, Gartenschau; Kennenlernen Schulalltag; Projektwoche „Herausfordeung angenommen – Wir wagen den Selbstversuch“; Kennenlernen Kultur (Tanzworkshop, Musik-/Film-/Kochabende)

Die Themen für unsere Projektideen sollten nach Möglichkeit für alle Beteiligten eine persönliche Relevanz haben und dafür sensibilisieren, dass alles auf dieser Welt einen Zusammenhang hat und Ungleichheiten nur durch Engagement aller ausgeglichen werden können. 

Gemeinsam nahmen wir an einem Theaterworkshop zum Titelthema teil und einem Workshop zu Aufklärung mit reichlich Input und Gesprächsrunden. In diesen Workshops erfolgte eine sehr persönliche Auseinandersetzung und Begegnung unter den Schülern.

Wir versuchten unseren Partnerschülern verschiedene Dinge zu zeigen, welche sie bei sich anwenden können. Wie zum Beispiel das Anlegen und Kultivieren von Hochbeeten auf dem Schulhof oder das Häkeln und Stricken. Andersherum zeigten sie uns von ihren Fähigkeiten und wir probierten es mit aufzunehmen, zum Beispiel die Schmuckgestaltung aus Samen. Dazu teilen wir Materialien gegenseitig. Beispielsweise haben unsere Partnerschüler uns Samen zur Schmuckherstellung zur Verfügung gestellt und wir Häckel- und Strickwolle.

Wir entwickeln die Projekte zunehmend so, dass sie in Nicaragua und Deutschland parallel durchgeführt werden können, um die verschiedenen Kulturen und Lebensumstände miteinander zu verbinden und einen persönlichen Austausch auf Augenhöhe zu ermöglichen. Dafür bot uns der gemeinsamer Theaterworkshop im Austausch eine gute Grundlage. Genauso wie das gemeinsame Kochen von deutschem und nicaraguanischem Essen und dem Hantieren mit verschieden Materialien wie Garn, Erde,…

Am Ende des Projektes entstand die Idee sowohl hier bei uns als auch in unserer Partnerschule einen monatlichen Filmabend zu gestalten, um Schüler aufmerksam zu machen auf den Austausch sowie verschiedenste Themen zu behandeln und zu diskutieren. Außerdem überlegten beide Schulgruppe eine Volksküche zu eröffnen, weil uns allen das gemeinsame Kochen sehr viel Spaß gemacht hat. Die Filmabende finden bereits statt, leider scheiterte die Idee der Volksküche in Deutschland wegen organisatorischen und finanziellen Gründen.

Für den kommenden Austausch wollen wir uns auf das Thema Wasser konzentrieren und auch das Thema Aufklärung noch einmal aufgreifen.

Eine der wichtigsten Erfahrungen des Projektes ist, dass wir nicht unbedingt Geld sammeln müssen um die Schule in Nicaragua zu unterstützen sondern, dass es viel wichtiger ist miteinander Erfahrungnen zu machen und zu lernen, damit dann selbst Ideen aus eigener Kraft, Motivation und mit eigenen Resourcen entwickelt werden können!

Eine weitere Erfahrung war es, dass wir uns trotz verschiedener Sprachen gut verständigen konnten. Wir können nur sehr wenig Spanisch sprechen, weil der Spanisch Unterrricht an unserer Schule nicht stattfindet. Sie können kaum Englisch oder Deutsch sprechen, trotzdem war es möglich gemeinsam zu lachen und sich über den Tag auszutauschen, zu unterhalten und sich kennenzulernen.

Ein Stück weit nahm es die Angst, da man sich einer vollkommen anderen Kultur öffnete und sich auf Unbekanntes einließ. Es war auch unglaublich toll zu erleben, durch was sich die Kulturen verbinden und an welchen Stellen die Gemeinsamkeiten vorherrschen.

Leider können wir die Sicht unserer Partner nicht direkt mitsenden, da das Internet in Nicaragua meist für längere Zeit nicht verfügbar ist. Aber am Ende unserers Projekts (Austauschs) hatten wir eine große Auswertung, bei welcher wir wieder viele Gemeinsamkeiten feststellten. Auch sie waren beeindruckt über die Möglichkeit der Kommunikaton und über die vielen Ideen die sie bekommen haben. 

Die SchülerFAIRma-Gruppe organisiert immer die Austauschs. Die Schüler stellen Anträge, denken sich das Thema, die Workshops Aktivitäten aus und kontaktieren HelferInnen und weitere Akteure. Für das große Thema gab es Skype-Treffen und Absprachen mit der Partnerschule, sodass wir ein Thema fanden was bei uns und bei Ihnen eine aktuelle Relevanz hatte. Wir gaben Vorschläge und Ideen und es wurde abgewogen und enschieden.

In unserer Schule wurde dann der Plan ausgehängt und für alle Schüler, Lehrer und Eltern zugänglich gemacht, so konnten alle interessierten Schüler an Aktionen mitmachen, auch wenn sie nicht bei der konkreten Planung dabei waren.

Im Großen und Ganzen liegen alle Aufgaben in den Händen der Schüler der SchülerFAIRma, allerdings werden sie nicht allein gelassen sondern tatkräftig von der begeleitenden Lehrerin und dem Kooperationspartner Eine-Welt-Haus e.V. Jena unterstützt.