Change-Agents-Tagung 2020

Wir präsentieren: „Die Change-Agents Digitale Gipfel-Serie 2020“. Auch im Jahr 2020 fand wieder eine Change-Agents-Tagung (CAT) statt, die Teilnehmer*innen des bridge-it! Awards 2019 und andere Projektgruppen, die in Süd-Nord-Partnerschaften stehen, einlud. Dabei fand die Tagung allerdings nicht in Person in einem Seminarraum statt – sondern pandemie-bedingt online. Um alle Gesundheitsvorkehrungen zu treffen, boten wir anstatt einer Tagung verschiedene wöchentliche Webinare an. Berichte zu den Gipfeln haben wir hier gesammelt.

 

digiCAT-G1 Bericht System Denken 

Systemdenken

Was ist Systemdenken? Was ist sein Zweck? Was ist ein System? Wie erkennen wir es? Aber auch, wie kommen wir in ein System und wie wirken wir darauf ein? Nach einem tollen „Online-Energizer“ (ja, das geht auch Online und ist super witzig! Danke an Monty) sind hier einige der Fragen, über die eine Gruppe Jugendlicher aus ganz Deutschland eingeladen war, mit Jannis Deutschmann von Openstate theoretisch und spielerisch nachzudenken.

„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“

Es gibt mechanische, natürliche und soziale Systeme: Wir Menschen sind Teil von sozialen (Mensch-Mensch) und natürlichen (Teil der ökologischen Systemwelt) Systemen, ob wir es wissen oder nicht. Dank interaktiver Spiele konnten die Teilnehmer*innen konkret spüren, was ein System von einer Menge unterscheidet: Herausragendes Merkmal von sozialen und natürlichen Systems sind die Interaktionen zwischen den Systemelementen, die untrennbar miteinander und mit dem Ganzen verbunden sind, wohingegen eine Menge nur die Summe der Elemente ist, die nicht in einer Beziehung miteinander stehen.

Nachdem dieser Rahmen festgelegt worden war, wurden die Teilnehmer*innen mit praktischen Werkzeugen ausgestattet, die ihnen auf individueller Ebene helfen sollten, sich selbst besser zu identifizieren und ihre Handlungen innerhalb eines sozialen Systems einzuordnen.

Konstruktivistische Brille (heißt: Wirklichkeit als solche gibt es nicht, sondern sie wird von den Menschen „konstruiert“, weil jeder durch seine „persönliche Brille“ nach außen schaut),

mentale Landkarte (bedeutet eine Art virtuelle Festplatte, auf der wir im Laufe unseres Lebens alle unsere Erfahrungen, Erlebnisse, Lernvorgänge speichern. aus denen sich dann unsere Überzeugungen, Glaubenssätze und Handlungsmuster speisen),

Perspektiv-Kaleidoskop (heißt: unser Blickpunkt auf die Welt ist stets geprägt von „Daten“ unserer virtuellen Festplatte; er ist somit nie neutral oder gar objektiv).

Um in einem System handeln zu können, muss man es zunächst genau beobachten, um die Wirkabläufe darin zu erfassen.

„Was wir sehen, ist eine Perspektive, nicht die „Wahrheit‘“

Wo stehe ich? Was sehe ich von dieser Stelle aus? Wie sehe ich von dort aus zum Beispiel die Nord-Süd-Beziehungen? Durch gemeinsamen Einsatz und Tandemübungen arbeiteten die Teilnehmenden daran, Zugang zu ihrer eigenen mentalen Landkarte zu erhalten und herauszuarbeiten, was sie strukturiert und beeinflusst. Diese herausfordernde und fruchtbare Übung ermöglichte zum Beispiel die Erkenntnis, dass das Hinterfragen der eigenen Muster und die Irritationen, die daraus resultieren können, eine grundlegende Voraussetzung für jede Veränderungsstrategie ist.

„Seeing the big picture“

Aufgrund dieser verschiedenen Übungen und Inputs konnten die Teilnehmer*innen eines mit Sicherheit feststellen: In sozialen Systemen zu handeln, bedeutet zunächst einmal, sich selbst immer wieder als Lerner zu begreifen. Wie ist es, du zu sein? Was sehe ich, wenn wir unsere mentalen Landkarten (Achtung: sind nicht identisch mit der Landschaft!) im Rahmen von Kommunikation austauschen? Bewusstsein über uns selbst und die Welt zu gewinnen, um darin z.B. als eigenständiges und emanzipiertes Individuum etwa im Sinne von Gemeinschaft, Solidarität und Achtsamkeit handeln zu können, heißt: seine eigenen Denk- und Handlungsmuster zu erkennen und gegebenenfalls zu verändern, um zum Kontext zu passen. Dies kann uns wahrnehmungsfähiger machen für das Erkennen der Grundbedürfnisse anderer Menschen und das Eingebettetsein in das größere Ganze ökologischer Lebenszusammenhänge.

Und zum Abschluß unsere Literatur-Tipps:

  •     Egner, H., Ratter, B. & Dikau, R.; (Hrsg., 2008): Umwelt als System – System als Umwelt. – oekom-Verlag, München
  •     Senge, Peter M. (2008): Die fünfte Disziplin. Kunst und Praxis der lernenden Organisation, Stuttgart (ist eigentlich DAS Standardwerk)
  •     Lindemann, Holger: Konstruktivismus, Systemtheorie und praktisches Handeln, 2019
  •     König, Eckard und Volmer-König, Gerda (22020): Einführung in das systemische Denken und Handeln. Beltz-Verlag

 

digiCAT-G2 Bericht ‘Projektarbeit aus diskriminerungskritischer Perspektive’

 

Die zweite Session der CAT wurde von Nurêy Özer angeleitet, welche die Teilnehmenden durch das Thema ,,Projektarbeit aus diskriminierungskritischer Perspektive’’ leitete. Im Sinne der Transparenz möchten wir sagen, dass aufgrund der sehr persönlichen Lernerfahrung bei diesem Workshop für die Teilnehmenden ein inhaltlicher Bericht nur verkürzt gegeben werden kann.
Die Teilnehmenden lernten verschiedene Ebenen von Diskriminierung kennen, hinterfragten Ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit Diskriminierung und auch, welche Rolle (ihre eigenen) Privilegien darin spielen. Anschließend besprachen die Teilnehmenden gemeinsam, wie sie ihre Positionierungen und Perspektiven in Ihren Projekten inklusiver gestalten können um dem Ziel einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe näher zu kommen. Diese Gruppendiskussion wurde unterstützt durch Break-out Sessions in Kleingruppen, in welchen neben offenen Diskussionen auch eigene individuellen Diskriminierungs Erlebnissen mit den anderen Teilnehmenden geteilt wurde. Diese Perspektive gab den Teilnehmenden nochmals einen anderen Zugang um den emotionalen und individuellen Umgang mit Diskriminierung besser zu verstehen, als auch um aufzuzeigen wie wichtig richtiges zuhören und offener und ehrlicher Austausch in diesem Themenbereich ist.

 

digiCAT-G3 Bericht Inklusion – Wie geht das digital?

 

Inklusion – Wie geht das digital?

Was heißt Inklusion? Wie erschaffe ich das in meiner Projektarbeit, sei es in meinem Team, meinem Inhalt oder meiner Kommunikation? Wir haben uns sehr gefreut, zum 3. digitalen CAT-Gipfel Lilian Masuhr von den Sozialhelden begrüßen zu dürfen, die einer Gruppe von Jugendlichen aus ganz Deutschland viele wertvolle praktische Tipps geben konnte.

Inklusion vs. Integration

Einen interessanten Einstieg in die Thematik bietet die Auseinandersetzung zur Frage was Inklusion bedeutet. Inklusion kann als Zustand definiert werden, in dem es für jede*n möglich ist, sich zu beteiligen, und das ohne sich anpassen zu müssen, so fanden die Teilnehmenden. Im Gegensatz zur Integration, die den Prozess beschreibt, durch den sich einige anpassen müssen, um inkludiert zu werden. Erfolgreiche Inklusion bedeutet daher, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass alle in der gleichen Haltung wie alle anderen sind, um partizipieren und beitragen zu können.

Alter, ethnische oder soziale Herkunft, Religion, Aussehen, Geschlecht, sexuelle Identität, sexuelle Orientierung: Viele Merkmale können als Behinderungen erlebt oder behandelt werden. Manche sichtbar, manche unsichtbar. Die Teilnehmenden wurden dann in kleinen Gruppen eingeladen, sich diese unbequeme, aber gedankenanregende Frage zu stellen: Bin ich jemals behindert gewesen?

Inklusion in der Praxis

Inklusion ist in erster Linie eine Frage der Vielfalt im Team und auf allen Ebenen: Es macht Sinn zuvorderst auch die eigenen Arbeitserfahrungen zu analysieren und über mögliche Gründe für eine mangelnde Inklusion z.B. im Team nachzudenken – wer ist nicht im Team und will oder kann unter den gegebenen Bedingungen nicht Teil des Teams sein? Inklusion bedeutet, allen eine Stimme zu geben und zu bedenken, dass jede*r in einer besseren Position ist, über sich selbst zu sprechen. Auch die Frage nach der Organisation und den Arbeitsmethoden ist in diesem Kontext von Bedeutung. Rhythmen, Stile: Es gibt viele verschiedene Wege zum gleichen Ziel. Inklusive Arbeit bedeutet zunächst einmal, die eigene Arbeitsweise relativieren zu können und die Zeit in einer angepassten Weise zu organisieren.

„Nennt mich nicht Flüchtling“

Sowohl in der Gesellschaft als auch in der Projektarbeit zählt die Wortwahl. Sprache bringt für Zuhörende das Gefühl von Ausgrenzung oder Inklusion mit sich. In ähnlicher Weise trägt der Standpunkt, der in visuellen Darstellungen eingenommen wird, dazu bei, ein Bild von den dargestellten Personen zu formen. Welche Perspektive auf Behinderung sehe ich auf diesem Foto? Wird die Person als Subjekt oder als Objekt porträtiert? Kann ich mich identifizieren? Kann ich mich auf eine Gruppe von Menschen beziehen, ohne zwischen ihren Mitgliedern zu unterscheiden? Oder welche Hierarchien werden z.B. durch die Verwendung der Worte „Hilfe“ oder „Entwicklungsländer“ hervorgerufen? Auch hier waren die Teilnehmenden eingeladen, über eine Vielzahl von Beispielen aus dem echten Leben nachzudenken.

Barrierefreie Kommunikation

Videos, Podcasts, Bilder, Texte, digitale Veranstaltungen, Videoanrufe: Was sollte ich in meinen Kommunikationsmaterialien und anderen Online-Veranstaltungen beachten? Letztlich bot Lilian von den Sozialhelden*innen eine Fülle von Ratschlägen und praktischen Tools, um Inklusion digital besser zu ermöglichen. Audiodeskriptionen, Untertitel, leichte Sprache, Transkripte, Alternativtexte: Dafür gibt es zahlreiche Softwareprogramme und Add-ons.

Auf Youtube können Video und Transkript automatisch synchronisiert werden, um Untertitel zu erstellen. Die so als srt-Datei erstellten Untertitel können wiederum zusammen mit dem Video auf Facebook hochgeladen werden.

Auf Facebook ist es auch möglich, ein Bild mit einem alternativen Text hochzuladen, der das Bild kurz beschreibt – die automatische Funktion, die Facebook zu diesem Zweck zur Verfügung stellt, bleibt bis heute zu lakonisch, um zufriedenstellend zu sein. Dieser Text kann dann während der Anzeige mit einem Screenreader-Software gelesen werden. Die gleiche Vorgehensweise ist auch bei Twitter und WordPress möglich.

 

Ebenso ist es möglich, Texte durch eine klare Struktur und einen höheren Kontrast leichter lesbar zu machen. Zu diesem Zweck sollten die Wave-Tools von Webaim bevorzugt werden.

Für Online-Meetings bieten Zoom, Microsoft Teams, Skype und Jitsi eine Bild- und Tonqualität, die sie relativ barrierefrei macht. Für Live-Untertitel muss ein*e Schrift- oder Gebärdensprachedolmetscher*in bereitgestellt werden.

Der Weg zur Inklusion ist lang, aber die Möglichkeiten sind vorhanden! Danke an alle Teilnehmenden für’s aktive Mitgestalten des Workshops und an Lilian, die uns zum Ziel Inklusion geführt hat!

 

digiCAT – G4 Bericht Design Thinking: Ein starkes Tool für innovative Ideen


Design Thinking: Ein starkes Tool für innovative Ideen 

Am Dienstag, 19. Mai fand der 4. und letzte Gipfel des digitalen CAT 2020 statt. Was für ein Abenteuer!  Die Situation hat uns in diesem Jahr gezwungen, uns in kurzer Zeit neu zu erfinden, um uns trotz allem gemeinsam um Eure Projekte austauschen zu können und Euch hoffentlich neue Horizonte zu eröffnen. Ein herzliches Dankeschön an Euch alle, dass Ihr mit uns an diesem Abenteuer teilgenommen habt!

Während dieser letzten Session führte Christina Mangum uns in die Methode des Design Thinkings ein: ein Werkzeug, das die Kreativität und Zusammenarbeit anregen soll, um innovative Lösungen in unseren Projekten zu generieren.

Design Thinking: Was’n das?

Design Thinking ist ein Geisteszustand und eine Methode, die anzuwenden sind, wenn das/die Problem(e) und deren Lösung(en) ungewiss sind. Ausgehend von gemeinsam durchdachten Grundgedanken und durch Stimulierung der Neugierde und des Potenzials der Gruppe ermöglicht uns diese Methode, die Dinge aus einer Vielzahl von Perspektiven zu betrachten, um Prototypen und Lösungen zu entwickeln, die sich so nah wie möglich an bestehenden Bedürfnissen orientieren.

Dazu wurden die Teilnehmer*innen anhand des konkreten Beispiels der ehrenamtlichen Tätigkeit und unter Verwendung der Software Miro eingeladen: Eine ebenso herausfordernde wie anregende Simulationsübung!

Eine Methode in 6 Schritten

Understand -> Observe -> Define a Point of View -> Ideate -> Prototype -> Test: die Design Thinking-Methode ist in 6 aufeinanderfolgende Phasen strukturiert. An dieser Session konnten die anwesenden Projekt-Designers mit den ersten 5 experimentieren.

Als erster Schritt zielte das Understand darauf ab, ein gemeinsames Verständnis des Problems zu gewinnen. Dies taten die Teilnehmer*innen durch den Austausch persönlicher Erfahrungen und Wissen, die sie mit der Herausforderung verbanden.

Dank Querinterviews war es dann möglich, die Beobachtungsphase Observe durchzuführen. Die angehenden Designers konnten also ihre Nutzer kennenlernen und deren Welt erkunden, indem sie ihren Geschichten zuhörten und ihr Verhalten beobachteten. Diese Übung trug dazu bei, Inspiration anzuregen und ggf. verborgene Bedürfnisse zu entdecken.

Nun erfolgte die Zusammenfassung, bei der jede Gruppe Durch Analyse der Ergebnisse der vorangegangenen Schritte einen Point of view zu dem Problem definieren musste.

Auf dieser Grundlage wurde der Lösungsraum (endlich) eröffnet. Durch ein kollektives und spielerisches Brainstorming wurde bei der Ideation Phase den Point of View in eine Frage umwandelt. Die Priorität bestand dann darin, verschiedene Points of View zu erforschen und eine große Anzahl von Ideen zu sammeln, um die inspirierendsten für die Herstellung von Prototypen und Tests auszuwählen.

Schließlich war es an der Zeit, die Idee in einen Prototypen umzusetzen. Die Gelegenheit für alle, sich wieder auf ein gemeinsames Verständnis zu einigen und an Bord zu bleiben. Aber auch und vor allem die Komplexität so zu reduzieren, dass die Idee konkret und anwendbar wird.

So viel zu einem wunderbaren Appetithäppchen auf die Design Thinking-Methode! Vielen Dank an Christina, dass sie uns den Sprung ins kalte Wasser gewagt hat! Nun besteht der Wunsch: das Experiment zu erneuern und zu vertiefen.

 

Inklusion. Was heißt das? Wie funktioniert das? Und wie wende ich das eigentlich an? Diese Fragen hat eine Gruppe junger Menschen im Rahmen der digitalen Change-Agents Tagung beschäftigt und zusammen haben wir gelernt, den Weg der Inklusion in Projektarbeit und digitalen Medien zu beschreiten. Eine fruchtbare und interaktive Session mit vielen praktischen Ratschlägen.

Du willst auch? Nächsten Dienstag um 16 Uhr geht es in die nächste und letzte Runde! Wir werden mit der Design Thinking-Methode experimentieren um sehen, wie sie Eure Projekte weiter bringen kann. Melde Dich gern noch an: https://bridge-it.net/veranstaltungen/tagung/

 

Die Change-Agents Tagung ist für all jene Projektgruppen ausgelegt, die im Rahmen des bridge-itEine Welt Awards für Partnerschaftsprojekte einen Platz unter den Top10  (dieses Jahr gab es eine Top12!) ergattern konnten und die bridge-it! Jury mit ihren tollen Projekten, Aktionen und Kampagnen sowie ihrem Engagement und ihrer Partnerschaftlichkeit überzeugen konnten.

Die Jugendlichen kommen hier zusammen, um sich auszutauschen und Methoden sowie neue Impulse zu erhalten, um Konzepte zur Optimierung einer gemeinsamen Projektarbeit auf Augenhöhe zu gestalten.

 

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Weiter unten erhaltet Ihr noch ein paar Einblicke in die Change-Agents Tagungen der letzten Jahre.