„Welt-)ernährung hautnah“

  • Ladakh Rigjung Public School, Choglamsar, Leh, Indien
    "Welt-)ernährung hautnah", Wismar, Deutschland
  • 6 Award 2020
  • Globales Lernen, Umwelt, BNE-Ziele 2, 6, 13
Millionen Kinder sterben an Hunger vor ihrem 5. Geburtstag. Welche Ursachen gibt es dafür? Kann Hunger auf der Welt beseitigt werden? Schüler*innen aus Leh und Wismar reflektieren dieses BNE-Ziel 2 und suchen nach praktikablen Lösungsansätzen mit Bezug auf den Rohstoff Wasser und den Klimaschutz.

„Since our friendship and gratitude for each other has grown within the 12 years of contact we would be glad to participate in exchaning ideas during an exchange program. In order to make this exchange program possible to work together in Ladakh and Germany we will provide our best efforts and support. In showing respect and giving space to our diversity in culture and religion our aim is to learn from each other in a sustainable manner. Our culture mainly rooted in Buddhism can help the students in the West to engage in a compassionate and peaceful approach like our school motto says: ‚Knowledge of Peace‘.“

Seit Jahren versuchen wir als Schüler*innen einer Unesco-Projekt-Schule zu verstehen, welche Vielfalt, welcher globaler Denkansatz und welche Verantwortung für jeden einzelnen hinter den 17 BNE-Zielen stehen. Gemeinsam mit Schüler*innen unserer Partnerschule in Ladakh haben wir uns entschieden, ein Thema zu reflektieren, welches in einigen Teilen der Welt eine Herausforderung ist und scheinbar in einigen Teilen der Welt gar nicht existiert. Der Grundsatz, dass wir alle in der einen Welt leben und mit verschiedenen Augen und kulturellen Perspektiven auf diese Welt schauen, führte zum Entschluss, das Thema „(Welt-)ernährung hautnah“ auf den Aspekt von Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Schulen mit ihren Lernenden und auf die Kulturen zu fokussieren und nach gemeinsamen Möglichkeiten der Verwirklichung der dann abgesteckten Projektmaßnahmen in Theorie und Praxis zu suchen. Wir waren uns einig, das BNE-Ziel 2 (Kein Hunger) mit den BNE-Zielen 6 (Sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen) und 13 (Klimaschutz und Anpassung) zu verbinden, den kulturellen Besonderheiten im abgesteckten Themenfeld das Gemeinsame zu entlocken und gemeinsames Handeln zu produzieren. Sowohl in Ladakh als auch in Wismar ist es uns gelungen, Fachpartner aus der Theorie für unser Projekt zu gewinnen. Vor zwei Jahren gab es den ersten gegenseitigen Austausch zu diesem Projekt. In gemischten Kleingruppen erarbeiteten wir in Ladakh und Wismar das Konzept für das Projekt. In beiden Ländern machten wir uns u.a. vertraut mit folgenden Themen:

. Wassergewinnung und -nutzung,

. Maßnahmen zum Klimaschutz,

. Methoden des Anbaus landwirtschaftlicher und der Erzeugung tierischer Produkte,

. Notwendigkeit der landwirtschaftlichen Erfolge für die Lösung von Ernährungsproblemen in Indien, insbesondere im Himalaya,

. Einfluss der Bodenverhältnisse auf das Produktionsergebnis,

. Haltbarmachung und Lagerung von landwirtschaftlichen Produkten,

. Verkaufskultur und Vermarktung und

. Welternährung

In Ladakh halfen wir bei der Gestaltung des Schulgartens, im alten Klostergarten unserer Wismarer Schule bauten wir Früchte aus Ladakh an; in beiden Schulgärten mit Erfolg.

Im Juni 2019 führten wir das Projekt in Wismar fort. Beide Gruppen setzten sich mit den Unterschieden in Tradition, Kultur und Höhenlage der Produktion von landwirtschaftlichen Gütern auseinander. Nach der gesetzten thematischen Bearbeitung der BNE-Ziele gaben uns die Schüler*innen aus Ladakh in ihrem Kulturprogramm die Möglichkeit, die Pflege von Traditionen in einer modernen Welt kennenzulernen. Die Sporthalle war gerade groß genug, um die Menge an Zuschauer*innen aufzunehmen. Die Schüler*innen aus Wismar und deren Eltern ermöglichten den Gästen einen Perspektivwechsel auf die Kultur in unseren Breiten.

Wir vereinbarten den Gegenbesuch der Wismarer Gruppe für den Juni 2020 und planten gemeinsam das theoretische und praktische Programm in Ladakh. Die Gäste aus Ladakh bereicherten das Plenum mit zahlreichen praktikablen Ideen (Workshop-Themen, praktische Möglichkeiten der Gestaltung, Finden geeigneter Ortschaften, Fachpartner für den theoretischen Durchblick, Ideen für die Gestaltung eines blühenden Schulgartens). Dafür waren wir dankbar. Wir freuten uns schon auf die gemeinsame Fortführung des Projekts unter erweiterten und neuen Perspektiven.

Die Bedingungen in der Corona-Zeit machten den Gegenbesuch der Wismarer Teilnehmer*innen zunichte. Die Nutzung digitaler Medien ermöglichte zumindest den Erhalt der Motivation der Teilnehmer*innen auf beiden Seiten und die Weiterarbeit auf Sparflamme. Wir waren zwar in der Lage, die Orte der praktischen Workshops (Die ARD sendete einen Beitrag über den Ort in 4000m Höhe, an dem wir unseren Wasser-Workshop durchführen wollten.) digital zu sehen und online thematisch zu reflektieren, wenn die Verbindung nicht gerade unterbrochen wurde. Aber ein Ersatz des Geplanten war es nicht. Vieles, was wir in Gruppenarbeit, im Teammanagement und im Plenum gestalten wollten, konnte online nur zu zweit durchgeführt werden. Auch die erwarteten Präsentationen der Ergebnisse konnten nicht wie geplant stattfinden.

Ladakh liegt in 3500 m Höhe. Der Himalaya, der höchste Gebirgszug der Welt, umgibt Ladakh. Es gibt Oasen, in denen Familien für die eigene und für die Ernährung der Menschen in der Stadt sorgen. Den Schulgarten konnten wir nicht mitpflegen und erweitern. Es fehlte das Teilhaben an Veränderungen in der Region um Ladakh zugunsten der dort lebenden Menschen, das Ambiente, das Soziale, das Kulturelle, die erlebbare neue Perspektive auf die genannten BNE-Ziele.

Manchmal birgt ein Problem auch Chancen. Wir waren erfreut zu hören, dass das World Food Programme den Friedensnobelpreis 2020 erhalten wird. Das war Ansporn, sich genauer mit diesem Programm des WFP und mit der Begründung des Nobelpreis-Komitees für diese Auszeichnung zu befassen. Geschockt waren wir über die veröffentlichten Zahlen über Hungersnöte in der Welt. Auch unser Partnerland ist davon betroffen. Das Ausmaß haben wir so nicht erwartet.

Das Leben an der Schule unter Corona-Bedingungen minimiert die Möglichkeit, als Multiplikator aufzutreten und die Ergebnisse gemeinsamer Arbeit hautnah zu vermitteln.

Wir bleiben am Ball, hoffen auf die Gesundheitsbehörden und bemühen uns, das Programm weiter mit Inhalten zu erfüllen und den Kontakt zu unseren Partner*innen in Ladakh aufrecht zu erhalten.

Wir bleiben auch deshalb am Ball, weil das Thema nichts an Bedeutung verloren hat.

Wir sind, was wir denken. Alles, was wir sind, entsteht aus unseren Gedanken. Mit unseren Gedanken formen wir die Welt. (Buddha)

Anpacken heißt Umsetzen von Gedanken. Auf diesem Wege zu sein ist unser Ziel.

Everything comes to us that belongs to us if we create the capacity to receive it. (Rabindranath Tagore, Nobelpreisträger für Literatur, 1913)

Einführung

Millionen Kinder sterben an Hunger vor ihrem 5. Geburtstag. Welche Ursachen gibt es dafür? Kann Hunger auf der Welt beseitigt werden? Schüler*innen aus Leh und Wismar reflektieren dieses BNE-Ziel 2 und suchen nach praktikablen Lösungsansätzen mit Bezug auf den Rohstoff Wasser und den Klimaschutz.

Kurzbeschreibung des Projektes

Wir einigten uns gemeinsam auf das BNE-Thema „(Welt-)Ernährung hautnah“. Nach Austauschbesuch/Workshops in Wismar sollte die Arbeit an den BNE-Zielen „Kein Hunger/ Klimaschutz/Wasser“ 2019/20 auch in Ladakh Perspektivwechsel/interkulturelle Vielfalt/Global Citizenship erlebbar machen. Wegen der Epidemie erfolgte die weitere Arbeit online. Via Internet erlebten wir blühende Gärten, nutzten die Partner unsere gemeinsam entwickelten Roll-ups, verfolgten wir zusammen Fachvorträge.

Der Projektansatz

Als Schüler*innen einer Unesco-Projektschule wollen wir uns dafür verantwortlich fühlen, auf Augenhöhe miteinander Unterschiede zu erkennen sowie verantwortungsvoll füreinander zu handeln. Wir berieten zunächst jede Gruppe für sich und dann gemeinsam im Verbund über Anliegen, Zielstellungen, Fachpartner, Orte, projektbezogene kulturelle Besonderheiten, auch über jeweilige Eigenleistungen der Teilnehmer*innen, Präsentationstechniken, Ergebnismultiplikation vor Ort und Finanzierung. Das geschah in Präsenz und online während des Austausches 2019 in Wismar und online bis zum Juni 2020. Bisher erreichte Ergebnisse: 1)Ausstellung selbst entwickelter Roll-ups im Unesco-Schulbereich, 2) Wanderausstellung: Thema „Hunger in der Welt“ durch die Deutsche Welthungerhilfe e.V. an der Schule, 3)wechselnde Projektwandgalerien unter Einbeziehung der indischen Partner*innen. So schärfen wir das Bewusstsein aller Schüler*innen und erreichen Eltern, Gäste und unsere Partner. Die Roll-ups wären schon längst in Indien, wenn es Corona nicht gäbe. Wir tauschten online die erarbeiteten Ergebnisse, die unsere Partner*innen an ihrer Schule in Vorträgen und einer Schulausstellung veröffentlichten. 4)Wertschätzung von Teamgeist, Zuhören, Zeitschienen, Digitalisierung, Englischsprechen, 5)Aneignung von Fachwissen in Bezug auf geografische Lage, Produktion (z.B. Saatlegung, Bodenfruchtbarkeit), Verarbeitung, Lagerung, Verkauf von Agrarprodukten im jeweils anderen Land. Entstehende Visionen schärfen das Bewusstsein, Hunger weltweit beseitigen zu müssen und zu können. 6)Auf beiden Seiten organisierte Fachvorträge hörten wir wegen der Pandemie gemeinsam im Internet. 7)Erkenntnisse nach Gesprächen mit Vertretern von Stadt/Religionsgemeinschaften (wegen Corona im jeweils eigenen Land) zu Begriffen wie Leben/Arbeit/Religion/Tradition/ Mann/ Frau/Familie/ Bildung/ Frieden in Grenznähe/Glück mit reichem Feedback von den Partner*innen, 8)Abbau von Vorurteilen, Erwerb interkultureller Kompetenz.

Die Beteiligten

Niemand darf sich als Insel, sondern jeder Mensch muss sich als Teil des Festlandes verstehen, wenn es um die Lösung globaler lebensbedrohlicher Probleme geht (nach: Prince Charles im Deutschen Bundestag, 15.11.2020). Dieser Gedanke steht mit unserem Projekt im Zusammenhang und wirft Fragen auf: -Warum hungern Menschen im 21. Jahrhundert noch? Es leuchtet nicht ein, dass einerseits Lebensmittel aus marktwirtschaftlichen Gründen vernichtet werden und andererseits Millionen Menschen hungern. Auch wir Jugendlichen sind nicht gerade vorbildlich, wenn das Frühstücksbrot an die Möwen verfüttert wird und wir dann an der Frittenbude unseren Appetit stillen. Wo bleibt die Gerechtigkeit, wenn der Preis für Agrarprodukte durch Lebensmittelkonzerne so gedrückt wird, dass kaum eine Gewinnmarge für die Produzenten bleibt? - Brauchen computergesteuerte Milchproduktion/satellitengesteuerte landwirtschaftliche Produktionsprozesse nicht qualifizierte Arbeitskräfte? Wir wollen Möglichkeiten des berufsorientierten Unterrichts und die Berufsmessen nutzen, um uns zu informieren. - Im Himalaya füllen natürliche Rinnsale nicht immer die Brunnen und Auffangbecken vor den Wohnhäusern mit Wasser. Darf mit Wassermangel Profit generiert werden? Wie gehen wir mit dem Gut Wasser um? Sind wir nicht unverschämt verschwenderisch? Einsparung an Wasser bedeutet zunächst, in der eigenen Familie damit zu beginnen. -Wir haben von den schweren Bedingungen auf 4000m Höhe erfahren, denen oft gerade Frauen und Kinder bei der Versorgung der Familien ausgesetzt sind. Mit welchem Recht gibt es Vorurteile, die Welt nach Ordinalzahlen zu klassifizieren? Gegen solche Überheblichkeit wollen wir uns argumentativ stärken. Wir wollen unsere Erfahrungen weitertragen: -Mitgestalten von themenbezogenen jahrgangs-, fächer- und schulübergreifenden Veranstaltungen -Gewinnen von Mitstreitern bei der Fokussierung auf BNE-Ziele in beiden Ländern -Nutzung des Unesco-Netzwerkes bei der Fortführung gemeinsamer Projekte

Titelbild